"Leben!" ist der Titel der Ausstellung, die bis zum 22. Juni mehr als 3.500 Fotos der "jüdischen Paparazza" Margit Dobronyi versammelt, die sich mit ihrer Kamera stets auf Hochzeiten, Sommerfrischen und Bar Mizvahs herumtrieb. "Sie war keine Kunstfotografin und keine Sozialreporterin", erklärte Ruth Beckermann, die aus den 150.000 Negativen des angekauften Dobronyi-Archivs auswählte und die Fotos als wildes Durcheinander installierte, bei der heutigen Pressekonferenz. "Sie war Berufsfotografin. Sie kam zu Festen, fotografierte und versuchte dann, die Bilder zu verkaufen."
Mit Blitz angestrahlte Partygesichter lachen aus dem gesamten Ausstellungsraum, in Schwarz-weiß und in Farbe, mit wild toupierten 80er-Frisuren und in traditioneller jüdischer Tracht. Bräute vor und nach der Trauung, die Verwandtschaft beim Essen und Tanzen, Familienausflüge auf den Kobenzl und den Semmering. Die Fotos sind klein, wie Familienfotos eben sind, und wirken in ihrer scheinbar ungeordneten Masse als Sinnbild einer gemeinsamen Erinnerung an das pure Leben auf den Besucher ein.
Per Computer, Namens- und Bildregister kann man unter den Fotos auch nach alten Bekannten oder Vorfahren suchen und sie vielleicht bei einer charmanten Geste ertappen. "Nur eine Foto!" beliebte Margit Dobronyi zu rufen, wenn sie, manchmal auch uneingeladen, bei Familienfesten aufkreuzte und die Menschen von ihrer nettesten Seite zu erwischen versuchte. "Sie war eine jüdische Paparazza", lachte Beckermann. "Sie suchte den Glamour-Faktor, sie zeigte die bunte Insel des jüdischen Lebens in dieser grauen Nachkriegsstadt."
Lebensfreude und Neuanfang
Lebensfreude und Neuanfang prägten dieses jüdische Wien, das sich vor allem aus Einwanderern aus Polen, Galizien, Ungarn, Rumänien und der Bukowina speiste. "Sie haben den 'Anschluss' nicht erlebt, sie haben auch die Schoah nicht in Wien erlebt. Diese Stadt hatte für viele noch immer etwas von der K.u.K.-Nostalgie", so Beckermann, selbst Tochter dieser Einwanderergeneration.