Dabei war Orbán am vergangenen Sonntag selbst überrascht, wie viele Bürger beim Referendum ihr Ja für die Abschaffung jener Gebühren ankreuzten, die 2007 von der Regierung unter Premier Ferenc Gyurcsány eingeführt worden waren. Meinungsforscher hatten mit bis zu 2,5 Millionen Ja-Stimmen gerechnet, was in etwa der Fidesz-Anhängerschaft entsprochen hätte. Am Ende waren es 3,3 Millionen. Wahlforscher gehen davon aus, dass sich der „Überschuss“ je zur Hälfte aus bisher passiven Wählern und aus der sozialistischen Stammwählerschaft rekrutierte.
Vorsichtige Gangart
Unmittelbar nach dem Referendum legte Orbán eine für ihn ungewohnt vorsichtige Gangart ein. Zwar kündigte er umgehend eine weitere Volksabstimmung an – diesmal gegen die weit gewichtigere Teilprivatisierung der Krankenkassen –, enthielt sich aber jeglicher Rücktrittsforderungen an die Regierung. Wahrscheinlich wird er auch bei der Großkundgebung zum März-Gedenken bei dieser Linie bleiben. „Wir müssen die Situation verstehen und dann vernünftige Entscheidungen treffen“, sagte er in einem Interview mit dem Fidesz-nahen „Echo TV“.
Tatsächlich dürften ihm einige seiner Berater den Gedanken nahegebracht haben, dass die Zeit derzeit für ihn arbeite. Das Referendumsergebnis hat die regierenden Sozialisten tief geschockt und das Verhältnis zum liberalen Koalitionspartner neu belastet. Gyurcsány, dessen Popularitätswerte schon vor dem Urnengang im Keller waren, scheint stärker denn je unter Druck. Dem Fidesz könnte das Land wie eine überreife Frucht in den Schoß fallen.