Cover: Haymon Verlag
Ich mag keine Improvisationen. Improvisationen haben mit Denken nichts zu tun. (...) Ich brauch diesen Widerstand Ordnung – Nichtordnung", sagte der Linzer Poet Christian Steinbacher kürzlich im aurora magazin. Das überrascht. Denn was ist Improvisieren anderes als Sichstoßen um Strukturaufbrüchen willen, das Durchstoßen der Mauer, schließlich ein auffällig aus der Wand ragendes Stopfwerk? Die Antwort überrascht auch, weil seine unter dem Titel Zwirbeln, was es hält erschienenen Gedichte gar Free Jazz der Poesie sind.

Dichtung lässt den Leser umso freier assoziieren, je "referenzloser", abstrakter die Stimmfäden sind. Abgerissen aber – und manchmal nervig altklug und manieriert – scheinen sie bei Christian Steinbacher durchs Textgewebe zu fliegen, um am Gegenüber im Gedicht oder Leser vorbeigesprochen zu werden. Aussagenfetzen sind teils so dynamisch und dicht aufgeladen, dass auch der Free Jazzer Lust hat, mit über die Mauern zu galoppieren, stellenweise wie in Beliebigkeit. Doch Steinbacher ist ein Profi, dem man Beliebiges besser nicht unterstellt. Eher eine für einen runden Ausdruck nicht ausgegorene Hyperpolyvalenz in diesem Band; hohe Kunst der Verkunstung.

Es überrascht nicht, dass ein Gedicht dann umso gelungener ist, je kürzer es selbst ist oder je dynamischer der Gedichtgegenstand. Richtige Goldstücke finden sich da:

"einer Lücke Flucht, ereilt / das Einerlei, das Welt umspannt, wie weit / möcht reichen, was da Haftung wollt".

Falls Steinbacher Komposition als Gegenbegriff zur Improvisation hat suggerieren wollen: Solange der Ton so schöne Musik macht, ist das Selbstverständnis des Gemachtseins egal. (Marietta Böning, ALBUM/DER STANDARD, 14/15.02.2008)