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Hat stets einen kritischen Blick auf das Kapital: Sahra Wagenknecht von der kommunistischen Plattform.

Foto: Getty Images/Ralph Orlowski
"Die Linke kann das Kapital schlagen, wenn Massenbewegungen bereit und in der Lage sind, die herrschende Klasse zu enteignen." Nein, es ist nicht Oskar Lafontaine, der das sagt. So weit würde nicht einmal der ehemalige SPD- und jetzige Linkspartei-Chef gehen. Doch im vergangenen Herbst, als sich in Deutschland das linke "Netzwerk Marx 21" gründete, war der Eingangssatz einer der diskutierten Thesen.

Schon die Vorgänger-Organisation "Linksruck" wurde vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet. Fragt man Lafontaine oder die zweite Galionsfigur der Linken, Gregor Gysi, was sie denn von den als linksextrem eingestuften Umstürzlern so halten, dann werden die beiden ansonsten so wortgewandten Herren eher still.

Die ganz linken Gruppen sind den meisten Spitzenpolitikern in der Linkspartei ziemlich unangenehm. Andererseits wissen sie, dass die Linke im beinharten Kampf gegen Grüne und SPD auch von diesen Leuten lebt. So genießt Sahra Wagenknecht, EU-Abgeordnete und Sprecherin der Kommunistischen Plattform, bei der Basis hohes Ansehen.

Einen für ihre Verhältnisse großen Schritt machte die ostdeutsche PDS 1993, als sie ihren bis dahin antikapitalistischen Kurs verließ und sich ein neues Programm verpasste, das bis heute gilt. Darin heißt es, Gewinninteresse sei "wichtige Voraussetzung für Innovation und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit". Doch auf Druck der Basis wurde damals auch die Forderung nach "gesellschaftlicher Kontrolle und demokratischer Mitbestimmung" eingefügt.

Mittlerweile haben die PDS und die westdeutsche WASG zur Linkspartei fusioniert. Am ersten gemeinsamen Programm wird gebastelt, bislang liegen nur "programmatische Eckpunkte" vor. Auch darin wird wieder vor "entfesseltem Kapitalismus" gewarnt.

Personalprobleme

Probleme bereitet der Linkspartei jedoch auch ihr Personal. Am Freitag ist es auf den Tag genau fünf Jahre her, dass der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder in einer Bundestags-Rede die Deutschen auf seine Arbeitsmarktreformen einstimmte. "Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen", sagte er damals. Dies war - ohne dass es schon jemand ahnte - die Initialzündung für die Gründung einer gesamtdeutschen Linkspartei.

Fünf Jahre später sitzen die Linken auch schon in vier westdeutschen Landtagen. Und dieser Erfolg fällt ihnen auch auf den Kopf. Denn: Wer viel Personal braucht, kann es sich manchmal nicht aussuchen. Und so tauchten auf den Landeslisten auch Kandidaten auf, die noch im Gestern leben und Mitglieder der vom Verfassungsschutz beobachteten Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) sind. "Es hat mir geholfen, dass es die DDR gab. In den Grundfragen hat sie immer noch die richtigen Antworten. Der Kapitalismus muss abgeschafft werden", sagte etwa der Hamburger DKP-Mann Olaf Harms der Online-Ausgabe des Stern.

4000 Mitglieder haben die Kommunisten in Deutschland noch. Christel Wegner hat es Ende Jänner als erstes DKP-Mitglied seit 50 Jahren für die Linken in einen Landtag (Niedersachsen) geschafft. Doch dann fand sie freundliche Worte über die Stasi und die Berliner Mauer, und die Linke schloss sie aus. Künftig dürfen keine Kommunisten mehr auf Listen der Linkspartei kandidieren. Für Gysi ist die Sache damit erledigt: "Jede Partei macht anfangs Fehler." (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 14.3.2008)