Heinz Palme
Euro-08-Koordinator

Na ja, meine Antwort liegt nahe: der Fußball. Früher hieß die Blase im Inneren der Bälle tatsächlich "Seele". Mit der Seele bin ich aufgewachsen. Die Seele im Fußball habe ich als Vierjähriger das erste Mal gespürt. Da habe ich meinen allerersten Fußball bekommen, einen Bazooka-Ball. Den bekam man für 200 Kaugummischleifen. Ich war in meiner Siedlung der Erste mit diesem Ball. Und der war mein Heiligtum. Weil ich der Einzige war, der ihn hatte, war ich plötzlich begehrt:

Foto: Aleksandra Pawloff

Ich, der Vierjährige, durfte ihn den Großen borgen - und ihnen zusehen. Ich war also so was wie ein Zeugwart - aber ein leidender Zeugwart, weil ich mitspielen wollte. Mithilfe des Balles habe ich dann auch gelernt, mich gegenüber Größeren zu behaupten. Mein Bazooka-Ball hat nicht lange gehalten. Höchstens zwei Jahre. Schließlich war der durchgehend im Einsatz, da hält das Material nicht ewig. Heute habe ich aber den Euro-Ball. Mit dem bin ich ständig unterwegs - und ich sehe, was der für Emotionen auslöst. Und das ist eine sehr schöne Sache.

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Dagmar Millesi
Schönheitschirurgin

Mein iPod hat eine Seele, denn er versorgt mich mit Kultur - mit Literatur. Wann immer es geht, lasse ich mich von meinem iPod mit Büchern versorgen. Ich habe eine riesige Hörbuchsammlung, etwa 10.000 CDs. Die habe ich mir auf den Computer spielen lassen und hole sie mir Stück für Stück auf den iPod. 10.000 Hörbücher - das reicht theoretisch für ein Leben. Themen und Genres sind da bunt gemischt: Philosophie, Krimi oder Sachbuch. Das ist für mich alles gleichwertig. Ich habe Literatur immer schon geliebt.

Foto: Aleksandra Pawloff

Aber berufsbedingt komme ich kaum zum Lesen - da sind Hörbücher ideal. Etwa beim Autofahren: Wenn ich mit meinen Mitarbeitern von Wien in meine zweite Praxis nach Kärnten fahre, gehen sich zwei Krimis aus. Das entspannt und ist ein Literaturservice für die Kollegen. Ich nutze jede freie Minute, um mir vorlesen zu lassen. Das beginnt beim Zähneputzen in der Früh und endet beim Schwimmen am Abend. Da klippe ich mir den iPod in die Haare. Ehrlich: Das geht. Nur ein Mal, ich glaube es war in Thailand, ist er nass geworden - da habe ich eine Welle übersehen. Beim Operieren höre ich dann Musik. Aber dabei trage ich keinen iPod.

Foto: Aleksandra Pawloff

Gregor Eichinger
Architekt

Ich glaube, dass alles, was von Menschen entworfen wurde und hinter dem eine Idee steckt, Seele hat. Wo menschliche Aufmerksamkeit drin ist, ist Seele. Seele wird im Design immer wichtiger. Man arbeitet immer stärker mit Emotionen. Und jeder Computer spielt dir heute vor, dass er dich versteht - oder liebt. Aber er kann das natürlich nicht wirklich. Deswegen ist es legitim, ihn in den Müll zu werfen, wenn man ihn nicht mehr verwendet. Seele und Emotion in Objekten kennt jeder:

Foto: Aleksandra Pawloff

Zu einem Kunstwerk etwa gehören immer Idee und Gedanken des Künstlers. Aber im Grunde ist diese Emotion auch in jedem Massenprodukt vorhanden. Es gibt natürlich Grenzen: Ein Verpackungspapier empfinde ich nicht als beseelt - aber wenn ich mir ansehe, wie in Japan verpackt wird, stimmt das schon wieder nicht. Das ist ein bisserl wie Voodoo: Du gibst etwas Bedeutung - und dadurch lebt es. Das Objekt, das ich mir für diese Frage ausgesucht habe, ist ein Schreibstift der Firma Rotring. Den verwende ich seit Jahren. Und es ist schon seltsam: Genau heute wollte ich einen neuen kaufen - aber die Produktion wurde eingestellt. Das tut weh - obwohl es doch nur ein Stift ist.

Foto: Aleksandra Pawloff

Hans Kreuzmayr alias "Waterloo"
Dancing Star, Sänger, Winnetoudarsteller

Also ein Gegenstand mit Seele? Na ja, das ist auf alle Fälle mein Hund, der Axel, der hat eine Seele und ... Ein Hund ist kein Gegenstand? Stimmt. Außer du fragst unsere Herren Politiker. Für die ist der ja nicht einmal ein Lebewesen, sondern nur ein Ding, eine Sache. Aber gut: Gegenstand. Steine haben eine Seele. Ich habe wahnsinnig viele Steine daheim. Die haben total positive Energie. Ich wohne so positiv, das kann sich in Wirklichkeit keiner vorstellen.

Foto: Aleksandra Pawloff

Als ich mein Haus in Oberösterreich gebaut habe, habe ich aufgepasst, dass da nur positive Energie ist. Drum hat es nur zwei Türen: eine Eingangstür und eine Klotür. Sonst ist alles offen. Das Haus ist ganz aus Holz - auch das hat Seele. Ein Haus, das keine Seele hat, ist eine Hölle. Da wohnt der Teufel drin. Das braucht man nicht - denn der Teufel ist in unserer Welt allgegenwärtig, und zwar, weil die Leute vergessen wollen, dass auch die Erde eine Seele hat. Drum betonieren sie alles zu: Beton hat keine Seele - und wenn man selbst keine mehr hat, fürchtet man sich nur dort nicht, wo es keine Seele mehr gibt.

Foto: Aleksandra Pawloff

Ursula Stenzel
Bezirksvorsteherin Wien, Innere Stadt

Ich glaube nicht, dass ein Gegenstand eine Seele hat. Menschen haben Seelen. Aber ich besitze viele Dinge, zu denen ich eine besondere Bindung habe. Ich habe mich für etwas entschieden, das ich ständig bei mir trage: einen Ring meiner Mutter. Meine Mutter war der Mensch, der mich am meisten geprägt hat. Durch den Ring spüre ich beinahe so etwas wie ihre Präsenz. Nein, das stimmt nicht: Meine Mutter lebt in meinem Bewusstsein, nicht in einem Ding.

Foto: Aleksandra Pawloff

Meine Mutter hat wenig Schmuck getragen - und auch nur zu sehr speziellen Anlässen. Ihr Schmuck war auch nicht besonders wertvoll - aber darum geht es auch gar nicht. Dieser Ring stammt aus dem 19. Jahrhundert, er hat Jugendstilelemente - und das ist ein Stil, der auch mir gefällt. Ich habe den Ring einmal schätzen lassen - nicht wegen des Wertes. Ich wollte einfach wissen, woraus er ist. Es sind zwei kleine Steine drin. Aber sogar wenn der Experte gesagt hätte, dass das ganz billiger Tand ist, hätte das nichts geändert: Ich lege diesen Ring nie ab.

Foto: Aleksandra Pawloff

Paul Mendes
Chef der Kinder-Luxusboutique "Zirkus"

Ich muss ein wenig ausholen. Ich stamme aus Mozambik, bin in Kapstadt aufgewachsen und habe in New York und London gearbeitet. Jetzt bin ich seit fünf Jahren in Wien. Ein großer Teil meiner Familie lebt heute in Australien. Die einzige Chance, da den Kontakt zu halten, ist das Internet. Ich skype täglich mit meiner Mutter. Deshalb ist für mich das Headset ein Gegenstand mit Seele. Nicht der Computer oder die Kamera: Es ist die Stimme, die mir das Gefühl gibt, nicht am anderen Ende der Welt zu sein.

Foto: Aleksandra Pawloff

Das Headset ist wie eine Nabelschnur. Ein Brief kann die Gefühle nicht vermitteln, die eine Stimme transportiert. Meine Mutter hat mit Technik überhaupt kein Problem. Aber das liegt auch in der Geschichte unsere Familie: Wir mussten Mozambik innerhalb von 24 Stunden verlassen - und die Familie wurde über die ganze Welt verstreut. Da lernt man, neue Technologien zu nutzen. Ohne die wäre es nicht möglich, dass meine Mutter auch hier im Geschäft ist: Wenn mir Kunden sagen, der Laden ist toll, freut mich das natürlich sehr - aber richtig stolz war ich erst, als meine Mutter den Laden über das Web sah - und mir gesagt hat, dass sie stolz auf mich ist. (Thomas Rottenberg/Der Standard/rondo/14/03/2008)
Foto: Aleksandra Pawloff

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