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Mona S. verhüllt, blieb nur kurz im Saal

Foto: APA/ HELMUT FOHRINGER
Die Online-Durchsuchung von Computern der Beschuldigten war rechtens, entschied der Richter am Mittwoch im Islamistenprozess - Von Irene Brickner

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Wien – Gott ist, zumindest in Worten, nie weit, wenn Mohamed M. und Mona S., die Angeklagten im Wiener Islamistenprozess, von der "gerechten Sache" sprechen. Doch in Mona S.' Schlusserklärung, die von Richter Norbert Gerstberger verlesen wurde, weil die 21-Jährige auch am Mittwoch das Ablegen ihres Gesichtsschleiers verweigerte, nahm der Herrscher aller Dinge geradezu pluralistische Züge an.

"Gott gab jedem Menschen Verstand. Doch um sich ein richtiges Bild zu machen, muss der Mensch alle Versionen der Ereignisse kennen", las Gerstberger vor. Nichts anderes als eine "andere Version" von "US-Besatzung und dem Krieg im Irak" hätten Mohamed M. und sie mittels ihrer "Nachrichtenagentur" weitergegeben: Keine "Propaganda für die Al-Kaida", sondern ein "Gegengewicht" zur kursierenden "Version der USA", die "die Menschen manipuliert": "Gott weiß, ich habe nichts Unrechtes getan", formuliert die junge Frau in dem handschriftlichen Text.

Übersetzungen ins DeutscheP> Mona S. wird von der Anklage vorgeworfen, für die "Al- Kaida bzw. andere international tätige radikalislamische Terrornetzwerke" Übersetzungen ins Deutsche angefertigt zu haben – unter anderen von Drohbotschaften Osama bin Ladens und von verschiedenen Märtyrer-Testamenten.

Drohvideo gegen Regierung

Hauptangeklagter Mohamed M. (22) wiederum, ihr Ehemann nach islamischem Recht, soll an der Verbreitung des Drohvideos gegen die österreichische und deutsche Regierung im März 2007 beteiligt gewesen sein. Zudem soll er im Internet Anschläge während der EURO erörtert und so mit Terror gedroht haben: Eine Straftat, auf die laut dem in Österreich zum allerersten Mal angewandten Paragraf 278b StGB ("Terroristische Vereinigung") zwischen ein und zehn Jahren Haft stehen.

Durchsuchungen O.K.

Wenn denn Gericht und Geschworene davon ausgehen, dass die vom Verfassungsschutz per Online-Durchsuchung in Mohamed M.s Computer Laptop gesammelten Indizien gegen ihn glaubwürdig sind. Die Laienrichter könnten das unbeschadet tun, entschied Mittwochfrüh Vorsitzender Gerstberger: Den Antrag Verteidigers Lennart Binder, alle auf Online-Durchsuchung basierenden Akteninhalte zu löschen, lehnte er ab: Die Grenze unzulässiger Fahndung sei in diesem Fall "nicht überschritten worden". Der per Online-Durchsuchung gesammelte Akteninhalt umfasst mehr als die Hälfte aller Erkenntnisse.

Damit hatte Gerstberger die Untiefen der digitalen Welt aber nur rein juristisch und für dieses eine Verfahren gebannt. Das zeigte sich ein halbe Stunde später, als Gerstberger – bei Nachfragen aller Art gewohnheitsmäßig gründlich – den Aussagen des Datenschutzexperten Hans Zeger auf den Grund ging.

Downloaden aus dem Internet

Zeger, mit des Richters Billigung erneut an die Seite des Verteidigers geholt, um diesem beim Formulieren eines (abgewiesenen) neuerlichen Beweisantrages zwecks Ladung eines externen Gutachters zu helfen, ließ sich über das Downloaden aus dem Internet aus. Die Frage sei, ob dem User immer klar gewesen sei, was sein Gerät technisch als Download aufzeichne. "Wie kann man feststellen, ob jemand etwas bewusst oder unbewusst downgeloaded hat?", fragte Gerstberger. Zeger daraufhin: "Ins Bewusstsein der Leute einzudringen, ist nicht möglich. Noch nicht." Vor dem Schlussplädoyers des Staatsanwaltes noch ein Eklat: Mohamed M. wollte seine Frau sprechen, der Richter lehnte ab. Vier Justizwachebeamte legtem dem Angeklagten unsanft Handschellen an, als dieser zu schreien und um sich zu schlagen begann. Nach einer Unterbrechung beruhigte sich die Lage. (Irene Brickner/DER STANDARD Printausgabe 13.3.2008)