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Stolperte über eine Sexaffäre: Eliot Spitzer.

Foto: AP/Altaffer
Eliot Spitzer ist ein Mann mit vielen Spitznamen. Ob „Dampfwalze“, „Mister Morality“, „Sheriff der Wall Street“: Alle haben sie etwas mit seinem kompromisslosen Kampf gegen Kungeleien und Tricksereien zu tun.

Im Herbst vor zwei Jahren, mit überdeutlicher Mehrheit zum Gouverneur des Bundesstaates New York gewählt, gelobte Spitzer, streng auf die Einhaltung ethischer Regeln zu achten. Da hatte er sich längst den Ruf erworben, ein Saubermann sauberster Sorte zu sein, spezialisiert auf das Ausmisten von Augiasställen. Es begann damit, dass er der Mafia die Kontrolle über die Textilindustrie New York Citys entwand. Von 1998 bis 2006 diente er der Weltmetropole dann als Generalstaatsanwalt – ein eiserner Sheriff, der sich ebenso furchtlos wie kenntnisreich mit dem Big Business anlegte.

Einmal brachte er zehn große Investmentbanken dazu, falsch beratenen Anlegern 1,4 Milliarden Dollar Schadensersatz zu zahlen. Ein anderes Mal deckte er Absprachen zwischen Musikproduzenten und Radiosendern auf, nach denen letztere auffallend oft bestimmte Titel spielten, gegen ein opulentes Entgelt, wie sich bald herausstellte.

Kurzum, Spitzer war ein Mann auf dem Weg nach oben. 48 Jahre alt, einst Spitzenjurist mit Harvard-Diplom, heute eines der markantesten Gesichter aus der neuen Generation der Demokraten. Kein charismatischer Barack Obama, wohl aber ein zupackender Tatmensch. Freunde trauten ihm zu, 2012 fürs Amt des US-Präsidenten zu kandidieren. Im August sollte er als Superdelegierter mitentscheiden, wen seine Partei fürs Weiße Haus nominiert. All das hat sich wahrscheinlich zerschlagen, weshalb man nur noch in der Vergangenheitsform von Spitzers Bilderbuchkarriere redet. Der ehrgeizige Gouverneur, er heißt jetzt Kaiser Spitzer, was kein Kompliment ist, sondern beißender Spott.

Mit dem „Emperor’s Club VIP“, dem Kaiserclub VIP, fand sein steiler Aufstieg ein jähes Ende. Der Ring vermittelte Edelhuren an betuchte Klienten, in New York und Miami, Paris und London, wobei der Stundenpreis von 1000 bis 5500 Dollar reichte. Bewertet wurden die Frauen nach einer Skala von Diamanten. Begleiterinnen aus bester Familie versprach der illustre Zirkel. Dass es diskret zuging, verstand sich von selbst. Es schickte sich nicht, die Herren beim Namen zu nennen, sie bekamen Nummern. Spitzer war die Nummer neun.

Kunde neun also bestellte am Abend vor dem Valentinstag ein Callgirl aufs Zimmer. Er nächtigte in Washington, wo er dem Finanzausschuss des Kongresses über die Krise der Anleiheversicherer berichten sollte. Folgt man dem Ermittlungsprotokoll, das die Fahnder vorlegten, hatte er alles bedacht. Die Tür zum Zimmer 871, seiner Suite in der Nobelherberge „Mayflower“, würde offen stehen, ließ er wissen, nur einen Spalt breit, sodass es nicht auffiel. Die Dame sollte sie einfach aufstoßen.

Natürlich war er inkognito unterwegs: Die Hotelbuchung lautete auf George Fox, den Namen eines Freundes und Spenders. Und Stammkunde des Kaiser-Clubs war Spitzer offenbar auch. Ein Guthaben „von früher“, 400 bis 500 Dollar, sollte ihm angerechnet werden. Als er erfuhr, wen die Zuhälter schicken würden, „eine zierliche Brünette“ namens Kristen, war er höchst erfreut: „Großartig, okay, wunderbar“. Sein Pech: Das FBI hörte jeden Satz mit. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 12.3.2008)