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Mark Zuckerberg gründete Facebook vor vier Jahren.

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Bannerwerbung auf Facebook soll forciert werden.

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Soziale Plattformen wie Facebook sind theoretisch der Traum eines jeden Werbekunden. Die Präferenzen der User sind bis ins kleinste Detail bekannt. Name, Alter, Wohnort, Ausbildung, Familienstand sowie Interessen können übers Profil generiert werden. "Personalisierte Werbung" soll die präzise Bestimmung der Zielgruppe ohne Streuverluste ermöglichen. Soweit so gut. Doch in der Praxis sieht es etwas anders aus. Die Werbeeinnahmen, einzige Monetarisierungsquelle bei den meisten Portalen, hinken den Erwartungen hinterher. Die wenigsten Netzwerke sind bis jetzt profitabel. Trotz der exorbitant steigenden Nutzerzahlen betrachten viele Werbetreibende solche Communities noch immer als experimentelle Spielwiese. Schließlich müssen die Angaben auf den von den Nutzern selbst erstellten Profilen nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen.

Werbeoffensive

Damit nach vier Jahren endlich der Rubel rollt, hat Facebook im Herbst seine Werbeoffensive gestartet. Die Anzeigen würden auf die Interessen der Nutzer genau zugeschnitten, erläuterte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Marken können sich beispielsweise über eigene Unternehmensprofile ihren potenziellen Kunden präsentieren. Facebook erhofft sich dabei "virale Effekte". Bei den Ads können Firmen ihre Zielgruppe exakt definieren. Die Reklame erscheint dann in einem passenden Facebook-Profil oder auch in spezifischen Netzwerken.

Branchenkenner sind aber mittlerweile skeptisch, ob soziale Netzwerke wie Facebook tatsächlich zur absoluten Cash Cow mutieren werden. Experten haben als Hauptgrund die Nutzer selbst identifiziert. "Ich sehe das größte Problem darin, dass sich die Leute auf solchen Plattformen von der Werbung gestört fühlen und sich dagegen auflehnen", meinte Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) gegenüber pressetext. Die Unternehmen laufen zudem Gefahr, beim Weitergeben und Vermarkten der Daten das Vertrauen der User nachhaltig zu verspielen.

Facebook verärgerte User

Ein schmaler Grat, der auch schon Facebook mit einem "Spionage-Tool" zum Verhängnis geworden ist. Erst im Dezember hatte die US-Plattform nach einer Welle des Protests zurückrudern müssen. 85.000 Mitglieder hatten eine Petition gegen das Werbeanzeige-System "Beacon" (Blinklicht oder Leuchtturm) unterzeichnet. Das Feature sammelte Informationen der Mitglieder, auch wenn sie sich außerhalb der Plattform bewegten. Auf der Facebook-Seite der Benutzer wurden dann etwa die zuletzt im Internet erworbenen Kinokarten, Filme, Flugtickets und sogar bestellte Pornoartikel angezeigt. Das Kalkül hinter Beacon: Produkte lassen sich leichter über "Empfehlungen" von Freunden verkaufen. Die Manager von Facebook hatten dafür Verträge mit 60 Internetanbietern geschlossen.

"Werberevolution" abgeblasen

Eine massive Verletzung der Privatsphäre orteten User und Datenschützer. "Was wäre, wenn du ein Buch bei Amazon kaufst, das 'Der Umgang mit Aids' heißt, und jeder einzelne deiner Freunde davon erfährt?", kritisierte etwa ein auf Facebook Registrierter. Man habe die Reaktion der Anwender falsch eingeschätzt, räumte daraufhin Facebook-Gründer Zuckerberg ein. "Wir haben bei der Entwicklung dieser Funktion eine Menge Fehler gemacht, dafür entschuldige ich mich", schrieb der 23-Jährige, der Facebook vor ca. vier Jahren aus der Taufe gehoben hat. Das Programm "Beacon" gibt es zwar noch immer, allerdings bedarf es jetzt einer expliziten Zustimmung der Mitglieder. Die versprochene "Werberevolution" (Zuckerberg) hat also nicht stattgefunden.

"Demokratiepolitisches Potenzial" des Web 2.0. nennen das Experten. Userproteste haben zum Beispiel auch schon Werbepläne des Business-Netzwerkes Xing oder des Studentenportals StudiVZ zu Fall gebracht. "Etwas paradox" monieren die Betreiber solcher Plattformen, denn die Nutzer stellen in ihrem Profil oft Unmengen an privaten Details und Vorlieben öffentlich zur Schau und würden sich dann beschweren, wenn diese Daten gewinnbringend vermarktet werden.

60 Millionen Facebook-User

Weltweit sind über 60 Millionen Menschen auf Facebook registriert. Davon werden 37 Millionen als "aktive Nutzer" ausgewiesen. Die Kontaktbörse verzeichnet von allen sozialen Plattformen die höchste Wachstumsrate. Rund 250.000 Neuanmeldungen gibt es pro Tag. Der Wert des Unternehmens wird auf 15 Milliarden Dollar geschätzt. Microsoft ist seit Herbst mit 1,6 Prozent beteiligt und hat dafür 240 Millionen Dollar auf den Tisch geblättert. Mit diesem Deal hat sich der Softwaregigant die internationalen Werberechte auf den Facebook-Seiten gesichert. Microsoft verkauft klassische Bannerwerbung.

Noch wenig Gewinn

Ob sich die 240 Millionen Dollar schwere Investition überhaupt rechnen wird, ist ungewiss. Facebook hat 2007 bei einem Umsatz von 150 Millionen Dollar einen Gewinn von 30 Millionen einfahren können. 2008 sollen es 50 Millionen werden. Kleingeld im Vergleich mit beispielsweise Google. Der Branchenprimus konnte im Jahr 2007 15 Milliarden Dollar Werbeumsatz erreichen. Um einmal in ähnliche Dimensionen vorzustoßen, hat Facebook vor kurzem die ehemalige Google-Managerin Sheryl Sandberg als neuen Chief Operating Officer an Bord geholt. Das Unternehmen erhofft sich von ihr neue Impulse bei der Vermarktung. Sandberg hatte unter anderem an der Entwicklung der Google-Werbeprogramme "AdWords" und "AdSense" mitgearbeitet.

Deutsche Version

Facebook befindet sich weiter auf Expansionskurs. Mit Anfang März ist auch eine deutsche Version on Air gegangen. Praktischerweise ohne größere Investitionen. Die Übersetzung der Seite kam von rund 2000 deutschsprachigen Usern. Im deutschsprachigen Raum zählt Facebook rund eine Million Mitglieder, die jetzt auch Werbung für Produkte aus Deutschland serviert bekommen. Die Vermarktung der Display-Anzeigen kommt von Microsoft. Die "umfeldorientierte" Reklame ermögliche "maßgeschneiderte" Werbemaßnahmen anhand der Userpräferenzen, heißt es bei Microsoft Digital Advertising Solutions.

Laut Facebook hätten viele Firmen signalisiert, heuer mehr Werbung als im vergangenen Jahr schalten zu wollen. Einer Untersuchung aus dem Vorjahr zufolge weisen Anzeigen auf der Plattform aber eine katastrophale Klickrate auf. Eine Kampagne kam im Schnitt nur auf 0,04 Prozent. Bei MySpace erzielte vergleichbare Werbung 0,1 Prozent. Facebook wirke "unaufgeräumt", meinen Kritiker und die Werbung würde auf der mit Infos voll gepflasterten Seite untergehen.

2008 Plus von 70 Prozent

Das US-Marktforschungsunternehmen eMarketer rechnet für 2008 mit einem Plus von 70 Prozent bei den Werbeinvestitionen auf sozialen Netzwerkseiten. Das Werbevolumen auf solchen Portalen soll bis zum Jahr 2011 auf 2,45 Mrd. Euro wachsen. ZenithOptimedia prognostiziert, dass die gesamten Werbeausgaben im Internet bis 2010 auf über 61 Milliarden steigen werden. (om, derStandard.at, 9.3.2008)