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Graffiti wie dieses in der Stadt Alsasuain zeugen davon, dass die Eta trotz ihres Terrors Sympathien bei vielen Basken genießt.

Foto: AP/Serrano
Die baskische Separatistengruppe Eta hat mit der Ermordung des ehemaligen sozialistischen Gemeinderats Isaías Carrasco zwei Tage vor den Parlamentswahlen vom Sonntag den Anspruch auf Platz eins der Liste der anstehenden Probleme in Spanien bekundet. Damit bestimmt der baskische Terror auch die nächste Legislaturperiode. Welche Strategie die künftige Regierung verfolgen wird, ist allerdings unklar. Der bisher regierende Sozialist José Luis Rodríguez Zapatero hatte sich vom spanischen Parlament ausdrücklich eine Genehmigung zu Verhandlungen mit der Eta geben lassen. Daran zerbrach der einst von Zapatero in der Opposition geschmiedete Antiterrorpakt zwischen seinen Sozialisten und der konservativen Volkspartei (Partido Popular/PP) von Oppositionsführer Mariano Rajoy. Die PP widersetzte sich den Verhandlungen und verlangte weiterhin eine „Zerschlagung der Eta“. Stark geschwächt Doch die Attentate können über eines nicht hinwegtäuschen: Die Eta ist seit Jahren so geschwächt wie nie. Es war die konservative Regierung unter José María Aznar (1996–2000), die mit allen Mitteln des Rechtsstaates an die Verfolgung der radikalen Nationalisten ging. Richter und Ermittlungsbehörden nahmen vor allem ihr politisches Umfeld, das direkt von der Eta gesteuert wird, aufs Korn. Mehrere linksnationalistische Organisationen, unter ihnen der politische Arm der Eta, die Partei Batasuna, wurden verboten. Mit dem Wegfall der Parteisubventionen versiegte eine wichtige Einnahmequelle der Separatisten. Zapatero hoffte – trotz vieler Warnungen selbst aus den eigenen Reihen im Baskenland – dass die Eta dank ihrer Schwäche auf eine Verhandlungslösung setzten würde, um sich so mit erhobenem Haupt in die spanische Geschichte verabschieden zu können. Doch weit gefehlt: Anstatt die Waffen niederzulegen und die Zukunft ihrer in Gefängnissen sitzenden Mitglieder, der „Etarras“, auszuhandeln, versuchte die Separatistenorganisation politische Zugeständnisse in Richtung einer Unabhängigkeit des Baskenlandes herauszuschlagen. Verhandlungen gescheitert Zapateros Regierung konnte diesen Forderungen nicht nachgeben. Der Verhandlungsprozess geriet in die Krise. Eine Eta-Bombe zerstörte Ende 2006 ein Parkhaus des Flughafens von Madrid. Zwei Menschen kamen dabei ums Leben. Mehrere Anschläge mit Sachschäden folgten. Am vergangenen Freitag dann kehrten die Pistoleros zur gezielten Ermordung von Nichtnationalisten zurück. Doch nicht nur die radikalen Basken werden die Tagesordnung der spanischen Politik bestimmen. Auch die Autonomieregierung in der nach größerer Unabhängigkeit strebenden Nordregion verursacht in Madrid Kopfschmerzen. Der gemäßigt-nationalistische baskische Ministerpräsident Juan José Ibarretxe hat für Oktober ein Referendum angekündigt, in dem er die Wahlbevölkerung über das „Recht zu entscheiden“ – wie er den Willen zur Unabhängigkeit umschreibt – abstimmen lassen will. Neuer Konflikt bahnt sich an Eine solche Volksabstimmung ist laut spanischer Verfassung allerdings nicht vorgesehen. Ein neuer Konflikt zwischen regionalen und zentralen Institutionen bahnt sich an. „Der Kampf gegen die Eta verlangt nach der Einheit der beiden wichtigsten Parteien, die mehr als 80 Prozent aller Stimmen auf sich vereinen“, mahnte ein Kommentar in El País, der größten spanischen Tageszeitung, am Wahltag. Indirekt hatte die Eta auch den Ausgang der vorletzten Parlamentswahlen beeinflusst. Die verheerenden Bombenanschläge auf Madrider Vorortezüge am 11. März 2004, drei Tage vor den Wahl, mit 191 Toten, wurden von der konservativen Regierung ohne Beweise sofort der Eta angelastet. Dabei sprachen sowohl die Begleitumstände der Anschläge als auch die Erfahrung mit dem Eta-Terror gegen diese Version. Die Volkspartei von Premier Aznar verlor die Wahlen. Später stellten sich islamistische Extremisten als Täter heraus. (Rainer Wandler aus Madrid/DER STANDARD, Printausgabe, 10.3.2008)