Dieser Junge hat echt ein Riesenproblem. Das legt zumindest der Buchtitel nahe. Hermann hört Stimmen, heißt er nämlich. Und das kann man wohl nicht als gesund ansehen. Natürlich führt der Titel ein bisschen in die Irre. Richtig ist: Der Bub hört tatsächlich Stimmen, aber es sind nicht jene im Kopf, sondern solche, die jeder kennt: die der Mutter, der Oma, des Bruders oder der Lehrerin selbstverständlich. Mach das, pass auf, sei vorsichtig, und so weiter – Kinderalltag sozusagen. Saskia Hula und Zeichner Karsten Teich haben mit Hermann hört Stimmen ein liebenswertes kleines Buch vorgelegt. Es zeigt, wie tagtäglich Befehle, Anleitungen, Verbote und Co. auf die Kinder einprasseln.

Dass viele wichtig sind, wird außer Streit gestellt. Etwa wenn die Stimme der Großmutter erklärt, wie Hermann eine Straße zu überqueren hat. "Du kannst gar nicht oft genug schauen: links – rechts – links, das ist das Mindeste", hört der Bub und findet, dass dreimal Schauen genug sein müsse, "sonst käme man ja nie über eine Straße". Irgendwann reicht es Hermann, und er verschließt sozusagen seine Ohren. Und macht, was es bis dahin zu vermeiden galt. Etwa Kaubonbons zu zerbeißen, anstatt sie achtsam zu lutschen. Als ihm nach dem zwölften Zuckerl "ein ganz kleines bisschen schlecht wird", hört er auf. Schließlich kommt er auch bei den anderen Dingen drauf, dass das Gesagte durchaus Sinn macht.

Die Zeichnungen sind unaufdringlich und geradlinig. Hula und Teich bieten so Erzieherisches ohne Holzhammer, nett bebildert, im praktischen Buchformat quasi zum Mitnehmen. Bei Erfolgsgarantie würden das Buch wohl alle Eltern kaufen. Das spielt es aber leider nur im Märchen. (Peter Mayr/DER STANDARD-Printausgabe, 8.3.2008)