München/Rom - Mit der Gewalteskalation im Nahen Osten und der Rückkehr des Terrorismus nach Jerusalem befassen sich am Freitag internationale Pressekommentare:

"Süddeutsche Zeitung" (München):

"Die Gewalt im Gaza-Streifen findet kein Ende, doch der Hamas hat der Blutzoll bisher wenig anhaben können. (...) Es ist kein Geheimnis, dass die Regierung in Washington den Sicherheitskräften der Fatah Geld für Waffen und Training zukommen ließ. Es gibt Hamas-Leute, die sagen, zu dem Coup von Gaza (gegen die Fatah vom vergangenen Juni, Anm.) wäre es nie gekommen, wenn die Fatah ihn nicht provoziert hätte. Ob die Situation für die Palästinenser dort ohne die Parteinahme der Amerikaner heute besser wäre, kann keiner sagen."

"die tageszeitung" (taz) (Berlin):

"80 Prozent der Bevölkerung im Gaza-Streifen können sich heute nicht selbst versorgen. Die Zahl der Menschen, die auf Nahrungsmittelspenden angewiesen sind, hat sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre verzehnfacht. Zu diesem Schluss kommt der von acht Menschenrechtsorganisationen, darunter amnesty international und Save the Children, veröffentlichte Bericht mit dem Titel 'Die humanitäre Implosion', der vor allem Israel anklagt. Obwohl immer mehr internationale Hilfe den Gaza-Streifen erreicht, wächst die Armut. Ein Zusammenbruch der Wirtschaft, so hält der Bericht fest, sei nicht länger Zukunftsvision, sondern schon heute Realität. Grund für die Misere sind vor allem die geschlossenen Grenzen."

"La Repubblica" (Rom):

"Im Nahen Osten behalten die Pessimisten fast immer Recht. Der entsetzliche Anschlag am Donnerstag in Jerusalem bestätigt die Skepsis von vielen, die immer gedacht haben, dass der sogenannte Friedensprozess von Annapolis nur Schall und Rauch sein könne - eben die x-te diplomatische und medienwirksame politische Übung völlig an der Realität in der Region vorbei. Und es ist Realität, dass Israel sich auf die Feiern zum 60. Jahrestag der Staatsgründung unter dem Feuer der Attentate im Herzen seiner Hauptstadt vorbereitet, und mit aus dem Gaza-Streifen kommenden Raketen. Auch wenn das noch nicht der offene Krieg ist, so ist man doch nicht weit davon entfernt."

"La Stampa" (Turin):

"Das Attentat auf die Religionsschule in Jerusalem war von der Durchführung her mehr 'militärischer' als terroristischer Natur. Denn es ist kein Selbstmordattentäter gewesen, der sich in die Luft sprengte, um in sein Paradies zu kommen. Es war vielmehr ein bewaffneter Trupp im Einsatz, der sich als Ziel auch nicht eine israelische Militärstation gesucht hat, sondern eine Rabbinerschule mit Studenten, die sich nach dem Willen einer alten Tradition mit Meditieren und Nachdenken über ihren Glauben beschäftigen. (...). Das angestrebte Ziel der Aktion ist mehr als offensichtlich: Die Hoffnungen sollen über den Haufen geworfen werden, dass Friedensverhandlungen wieder aufgenommen werden, die - wer kann das noch hoffen? - bis zum Jahresende zu einem palästinensischen Staat neben dem Staat Israel führen sollen." (APA/dpa/Reuters)