"Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen": Mit diesen Worten der Tochter eines ägyptischen Pharaos begann die Geschichte von Moses, dem Mann, der den Menschen die Zehn Gebote brachte. In einem Bastkörbchen schipperte Moses den Nil hinunter, ein Baby mit Migrationshintergrund, levitische Familie, Gastarbeitermilieu - schlechte Voraussetzungen für eine Weltkarriere, die es dann aber wurde.

Das lag daran, dass Moses, da war er schon ein junger Mann, in einem brennenden Dornbusch ein Gott erschien, der sich genau vorstellte: "Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs."

Eigentlich eine klare Ansage, die nur dadurch kompliziert wird, dass dieser Gott später auch noch den Namen Jahwe bekam, und noch später von den Christen verdreifaltigt wurde. Papst Benedikt XVI. ist ein großer Fan von Moses: weil er der einzige Mensch vor Christus war, der Gott gesehen hat (einige Prophetenvisionen fallen dabei unter den Tisch). Moses jedenfalls nahm die Sache ernst, führte um 1250 vor Christus sein Volk aus der ägyptischen Gefangenschaft durchs Rote Meer und 40 Jahre lang durch die Wüste. Zwischendurch stieg er auf einen Berg, sprach wieder mit Gott und brachte Gesetzestafeln mit. Die "wilden Semiten" (Sigmund Freud) waren nun Monotheisten, taten sich aber schwer damit.

Obwohl Charlton Heston die Szene mit den Zehn Geboten so dargestellt hat, dass man sie für bare Münze nehmen könnte, hat nun ein Wissenschafter ausgerechnet von der Universität Jerusalem behauptet, dass schon beim Dornbusch, besonders aber auch beim Bundesschluss zwischen dem Gott Jahwe und dem Volk Israel Halluzinogene im Spiel waren. Drogen!

Nun sollen wir uns Moses aber nicht als Hippie oder Schamanen vorstellen. Das wäre eine ungebührliche Abwertung eines großen Religionsstifters, von dem vielfach sogar angenommen wird, dass es ihn zweimal gab: einmal als Ägypter und Anhänger des reformierten Eingottglaubens, wie ihn der Pharao Echnaton einführen wollte, und einmal als Midianiter, als Provinzler, der mit seinem Volk Weltgeschichte schrieb. Er führte es nicht nur aus der Sklaverei, sondern auch in das "gelobte Land". Bis heute denken Menschen in aller Welt, die nach Freiheit dürsten, an den Exodus (Moses in Gospelsongs).

Die Landnahme selbst erlebte er nicht mehr, er konnte nur noch von einem Berg das Land, in dem Milch und Honig fließen sollten, erschauen. Das war keine Vision, sondern Geografie. Weil er versäumte, eine Lösung für die Völker zu hinterlassen, die schon in Palästina waren, steht Moses im Grunde auch an der Wurzel des Nahostkonflikts. Er wurde 120 Jahre alt, sagt das Buch Deuteronomium in der jüdischen Bibel: "Bis heute kennt niemand sein Grab." (Bert Rebhandl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6. 3. 2008)