Wien – Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina, nahm im Gespräch mit dem Standard überraschend dezidiert zum Fall Karl Maywälder Stellung. Wie am 1. März berichtet, befinden sich vier Schiele-Blätter, die der Wiener Textilkaufmann bis zur NS-Zeit besessen hatte, im Leopold Museum – und fünf weitere in der Albertina.

"Wir haben schon über 2000 Werke restituiert. Aber wir wussten, es kann immer noch etwas auftauchen. Im Fall Mayländer handelt es sich um bedeutende Werke von Schiele. Man muss das sehr ernst nehmen. Ich habe sofort unsere Provenienzforscherin Maren Gröning beauftragt, wirklich alle Quellen zu sichten."

Schröder spricht sich für eine "klare Arbeitsteilung" aus: "Der Historiker muss unabhängig bestmögliche Recherche betreiben. Die Aufgabe des Direktors besteht nur darin, den Akt an den ebenfalls unabhängigen Beirat weiterzureichen. Und dieser hat das Archivmaterial zu beurteilen. Das soll und darf kein Direktor machen! Denn ein Direktor befindet sich ex officio in einem Interessenkonflikt."

"Nicht Partei sein!"

Rechtsstaatlichkeit walten zu lassen: Das sollte für alle Direktoren gelten. "Auch Kollege Rudolf Leopold wäre gut beraten, wenn er diese Spielregel akzeptiert." Er, Schröder, habe kein Problem, Werke zu restituieren, "denn Bilder, an denen Blut klebt, haben in einem Museum nichts verloren". Leopold hingegen tue sich weit schwerer, sich von Bildern zu trennen, da er sie selbst gekauft hat. "Er sollte sagen: Da bin ich Partei – und daher will ich nicht Partei sein."

Das Rückgabegesetz, 1998 nur für die Bundesmuseen beschlossen, solle, so Schröder, "für sämtliche öffentliche Sammlungen gelten", auch für kommunale wie Schloss Bruck in Lienz, für Landesmuseen und für Vereine wie das Ferdinandeum in Innsbruck. "Ohne Wenn und Aber!" Auch für den Besucher sei nicht einsichtig, warum für das mit staatlichen Geldern betriebene Leopold Museum andere Gesetze gelten sollen, nur weil es als Stiftung geführt wird.

Der eigentliche Grund des Gesprächs war die Wiedereröffnung der Albertina vor nun fünf Jahren, die Schröder am 7. März mit einer "Jubiläumstagung" ab 9 Uhr zum Thema Zeichnung (den Festvortrag um 18.30 hält Werner Hofmann) und am 9. März mit Gratiseintritt bis 20 Uhr feiert.

Auch bei der Pressekonferenz am Mittwoch blickte er voll stolz auf seine Leitungen zurück. 1999, als er bestellt wurde, verfügte die Graphische Sammlung über 2500 Quadratmeter. Nach Ende der Ausbauphase (im Herbst wird die Erweiterung der Kahn-Galleries abgeschlossen sein) beträgt die Bruttofläche mehr als 20.000 m². Der Personalstand wurde mehr als verdoppelt (er wuchs von 60 auf 125). Und 3,5 Millionen Menschen haben die Albertina seit der Wiedereröffnung 2003 besucht.

Das Ausmaß des Erfolges sei selbst für ihn, so Schröder, nicht absehbar gewesen. Und obwohl seine Vorgabe, jährlich 300.000 Eintrittskarten zu verkaufen, permanent übererfüllt wurde, gehe er von dieser nicht ab: "Ich will mich gegen mögliche Enttäuschungen imprägnieren." Heuer ist mit einem Besucherrückgang nicht zu rechnen: Ab 5. September zeigt er Vincent van Gogh, allein die Versicherungsprämie macht zwei Millionen Euro aus. Für die Zeit des künftigen "Normalbetriebs" kündigte Schröder unter anderem holländische Malerei des 17. Jahrhunderts (2009) und Michelangelo (2010/11) an. Dass sein 2009 auslaufender Vertrag verlängert wird: Davon geht Schröder aus. (Thomas Trenkler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.3.2008)