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Kandidat Boris Johnson: Objekt von historischer Bedeutung.

Foto: Reuters
London/Wien – Knapp zwei Monate vor der Bürgermeisterwahl in London am 1. Mai kämpft Boris Johnson, der konservative Herausforderer von Amtsinhaber Ken Livingstone (Labour), gegen Diskreditierungsversuche. Fünf Jahre liegt der mutmaßliche Diebstahl eines Zigarrenetuis zurück, der Johnson angelastet wird. Jetzt nimmt das Amt für Kunst und Antiquitäten der Londoner Kriminalpolizei Ermittlungen auf.

Im Jahr 2003 entwendete Boris Johnson im zerbombten Haus von Tariq Aziz, dem irakischen Vizepremierminister unter Saddam Hussein, ein Zigarrenetui aus rotem Leder. Kurz darauf erklärte der Politiker und Journalist in einem Artikel der britischen Tageszeitung The Daily Telegraph, warum er das Zigarrenetui an sich genommen hatte.

In erster Linie sei es um die geschichtliche Bedeutung des Zigarrenetuis gegangen. Faszinierend, so Johnson, sei der Gedanke gewesen, dass dieses Objekt so nahe am Herzen eines engen Genossen Saddam Husseins gelegen sei: „Hätte Saddam je den Ort der behaupteten Massenvernichtungswaffen verraten, dann wäre dieses Zigarrenetui dabei gewesen.“ Deswegen habe er es als historisches Souvenir mitgenommen, um es „vorläufig“ gut zu verwahren.

Verärgert reagierte Johnson auf einen Brief der Polizei, in dem ihm die Ermittlungen wegen des sogenannten Diebstahls des Zigarrenetuis angekündigt wurden. Der konservative Politiker gab sich empört, dass sich die Behörde trotz der hohen Kriminalitätsrate in London so stark mit dieser Affäre befasse. Das sei Verschwendung von Steuergeldern im großen Stil. Mit Blick auf die Bürgermeisterwahlen wirft Johnson seinen politischen Gegnern „schmutzige Tricks“ mit dem Ziel vor, ihn bei den Wählern anzuschwärzen.

Johnson, der für sein exzentrisches und polarisierendes Verhalten bekannt ist, liegt laut Umfragen Kopf an Kopf mit Livingstone, der sich um eine dritte Amtsperiode bewirbt. Am Dienstag ist Lee Jasper, ein enger Mitarbeiter Livingstones, zurückgetreten. Der Evening Standard hatte berichtet, mehrere Millionen Pfund an Steuergeldern seien an Gemeindeprojekte geflossen, die von Freunden Jaspers geleitet würden und kaum Ergebnisse gebracht hätten. (Elizabeth Assmann/DER STANDARD, Printausgabe, 6.3.2008)