Ausgeträumt hat es sich mit der Postkartenidylle rund um Linz 09. Derzeit stehen Unstimmigkeiten vor kulturellem Einklang.

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In Wien hat Intendant Martin Heller Ministerin Claudia Schmied für Linz 09 bereits überzeugt. In Linz selbst muss er derzeit Überzeugungsarbeit leisten.

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Die Anfangseuphorie, dass Linz 2009 europäische Kulturhauptstadt wird, ist gewichen. Nervosität, Unmut und Missgunst machen sich breit. Projiziert werden diese Gefühle auf eine Person: den Linz-09-Intendanten Martin Heller. Er horche zu wenig in Linz hinein - kein Wunder, sei der gebürtige Schweizer doch viel zu selten in Oberösterreich. Anstelle das kreative Potenzial der Stadt zu nutzen, verwirkliche er nur jene Projekte, die er und sein Team erarbeitet haben, so die Vorwürfe. Das Theater Phönix hat daraufhin vorige Woche die Zusammenarbeit mit Linz 09 beendet (siehe Interview unten).

Am Wochenende wurde dann publik, dass auch die Kooperation mit der Kunstuniversität wackelt, da deren einziges Projekt Ausnahmezustand von Heller als zu "wenig fassbar" abgelehnt wurde. Zur Kritik an seinem künstlerischen Anspruch gesellten sich jetzt auch noch Vorhaltungen bezüglich des Intendanten-Honorars. Von der "Affäre Heller" war zu lesen, dieser sei mit einer Brutto-Jahresgage von 183.048 Euro für "nur" 65 Prozent Arbeitsleistung Österreichs "bestverdienender Kulturmanager".

"Ich bin das Geld wert"

Heller selber nimmt die derzeitige Stimmungsmache gegen ihn und Linz 09 eher gelassen, gehöre sie für ihn doch in "gewisser Weise zum Entstehungsprozess" derartiger Großprojekte dazu. Was die Höhe seines Honorars anbelangt, meint er nur kurz: "Ich bin das Geld wert, das ich verdiene." Zumal der Betrag im Vergleich mit der Gage anderer Kulturmanager nicht als völlig überzogen bezeichnet werden kann. Franz Häußler verdiente als Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wien schon in den späten 90er-Jahren bis zu 363.000 Euro jährlich.

Wesentlich länger fällt Hellers Antwort auf die jetzt in Linz losgetretene kulturpolitische Debatte aus. Denn die halte er vor allem in der Auseinandersetzung mit der freien Szene für dringend notwendig. Sie ist für ihn "im besten Sinne durchschnittlich und über lange Jahre gewachsen". Doch deren Selbstverständnis hält er für überholt. Die Szene "misst sich an der Bedeutung, die sie vor 30 Jahren gehabt hat. Sie wäre gut beraten, einen Denkgang einzustellen, um zu sehen, wo sie heute gelandet ist", rät Heller.

Die Besonderheit, ein Gegenmodell zu institutionellen Kultureinrichtungen zu sein, sieht er im 21. Jahrhundert nicht mehr vorhanden. Die Bereitschaft zur Veränderung, sich den Zeichen der Zeit zu stellen, habe er vermisst. Das gelte auch für Harald Gebhartl und das Phönix-Theater. Der künstlerische Leiter sei nicht bereit gewesen, Neues zu erproben. Was die Zusammenarbeit mit der Kunstuniversität betreffe, sei die Situation aber eine andere. Beide Seiten wollen eine Kooperation. Dies sieht auch Reinhard Kannonier, Rektor der Kunst-Uni, nach einem klärenden Gespräch mit Heller am Dienstag so: "Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten drei Wochen ein gemeinsames Projekt geben wird." In welche Richtung, will Kannonier nicht sagen: "Es gibt Ideen, die wir uns jetzt genauer anschauen." Möglicherweise könne man auch Teile aus dem geplatzten Projekt Ausnahmezustand wieder aufgreifen.

Die Kritik von Heller-Vize Ulrich Fuchs, das Kunst-Uni-Projekt sei "qualitativ eines der schlechtesten Vorprojekte", das man "in dem ganzen Prozess" gesehen habe, prallt an Kannonier ab. "Dazu sage ich nichts, das ist einfach unter meinem Niveau." Und woran ist das Projekt dann gescheitert? "Vielleicht an der Kommunikation. Die ist zwischen der Intendanz und den Institutionen nicht immer sehr glücklich", merkt Kannonier kritisch an.

Bei den Vorbereitungen zu Linz 09 sieht der Rektor derzeit "einen Hänger". Der Start sei aber "wunderbar" gewesen und er rechne damit, "dass da noch einiges nachkommt". (Kerstin Scheller und Markus Rohrhofer, DER STANDARD/Printausgabe, 05.03.2008)