Genau genommen handelt es sich dabei um die Rekonstruktion einer Arbeit aus den 70er-Jahren, als Leitner in New York lebte und sich intensiv mit den Verbindungen zwischen Architektur, Kunst, Tanz und neuer Musik beschäftigte. Auf Fotografien, die in der Ausstellung enthalten sind, ist ein Atelier aus diesen Tagen zu sehen, in dem eine Frau auf einer Holzbank liegt und sich von Lautsprechern beschallen lässt, die quer durch den Raum auf eigens errichteten Holzgerüsten verteilt sind.
Die Tonraumskulpturen von Bernhard Leitner sind der offene Raum zwischen den Schallquellen. Im Hamburger Bahnhof sind es mehrere Reihen mit hochwertigen Lautsprechern, die so etwas wie einen Tunnel ergeben – man kann die Skulptur durchschreiten, aber auch ihre Begrenzungen überschreiten. Man kann sie von "außen" und von "innen" auf sich wirken lassen. Diese Aufhebung der klassischen Parameter von Kunst (die Begrenzungen des Bildes, die Oberfläche von Skulpturen und Gebäuden) zog sich durch das ganze 20. Jahrhundert, intensivierte sich aber noch einmal während der Zeit, die Bernhard Leitner in New York verbrachte.
Die Konzeptkunst entwickelte einen Werkbegriff, der nicht mehr auf die Präsenz von Objekten angewiesen war. Stattdessen wurde die gedankliche Arbeit, die in ein Werk eingeht, wichtiger. Die Ton Raum Skulptur von Bernhard Leitner hatte ein Vorspiel unter anderem in seinem Engagement für den Erhalt des Wittgenstein-Hauses in Wien, zu dem er 1970 mit einem Text im Artforum beitrug. Zudem war in Wien schon seit den späten 50er-Jahren die neue Musik von Stockhausen, Nono oder Kagel intensiv rezipiert worden.
Aus Musik und Architektur bezog Leitner die Idee, "Klang als Baumaterial" zu verwenden. Der Ton in seiner Ton Raum Skulptur ist bewusst abstrakt aufzufassen – Geräusche, die mit Melodie oder Harmonie nichts zu tun haben.
Sie wandern im Raum, man kann versuchen, die Bewegungen des Tons durch eigene Bewegungen zu akzentuieren. Die konzeptuelle Arbeit wird außerhalb des Schallraums durch zahlreiche Partitur- und andere Blätter dokumentiert, worauf Überlegungen zur Bewegung des Klangs im Raum mit konkreten Ablaufdiagrammen verbunden werden.