Wenn man genau hinschaut, ist auch der blaue Vogel der Romantik blond. Jener, der die Aufmerksamkeit des Besuchers der Wiener Kammeroper schon beim Platzeinnehmen auf sich zieht. Kurz bevor die krumme Alte, die sich auch noch als (hell-)blonde Figur erweist, permanent die Wald-Dekoration (überlegte Ausstattung: Thomas George) verstellt. Ludwig Tiecks Erzählung Der blonde Eckbert leitete seinerzeit die deutsche Romantik ein. Doch erst 1994, rund zweihundert Jahre später, hat sich mit der Engländerin Judith Weir eine Komponistin an die Adaptierung des Sujets gewagt und damit einen schwarz schimmernden Bogen zur Romantik gespannt - mit Gewinn für die Neue Musik.Fanny Brunner nimmt in ihrem Regiedebüt das vielschichtige Spiel mit verschiedenen Traum- und Realitätsebenen auf. Die Wendung ins Horrormäßige liefert der von Berthe (ausdrucksstark: Anna Clare Hauf) beiläufig dahingesungene Satz: "Haltet meine Erzählung für kein Märchen, so sonderbar es auch klingen mag." Gerade noch saßen sie und Eckbert (gut disponiert: Matthias Helm) in einer Loriot angemessenen Haltung auf dem Sofa, und schon wirft Berthe in ihrer zwanzigminütigen Arie den Hörer in permanente Wechselbäder der Gefühle. Vor allem geht es um das rätselhafte "Waldeinsamkeit"-Lied des Zaubervogels (passend besetzt: Romana Beutel), der der alten Frau gehört, welche Berthe großzog. Die österreichische Erstaufführung interpretiert das Orchester der Wiener Kammeroper unter Daniel Hoyem-Cavazza eindringlich, fesselnd. (henn, DER STANDARD/Printausgabe, 04.03.2008)