Wien - Der von SPÖ, Grünen, FPÖ und BZÖ gegen die ÖVP beschlossene Monster-U-Ausschuss wäre im Falle einer vorgezogenen Neuwahl beendet. Er könnte höchstens bis zur Konstituierung eines neu gewählten Nationalrats arbeiten, kann aber von diesem mit einfacher Mehrheit wieder eingesetzt werden. Der Untersuchungsausschuss ist eines der wichtigsten Kontrollinstrumente des Parlaments. Seine Aufgabe ist es, die politische Verantwortung von Regierungsmitgliedern für bestimmte Vorgänge in der Bundesverwaltung zu klären.

Angelehnt an ein Gerichtsverfahren erhebt der Ausschuss Beweise, kann Auskunftspersonen vernehmen und Sachverständige anhören. Allerdings gibt es keinen "offiziellen" Beschuldigten, kein Urteil und keine Strafe.

d'Hondtschen Verfahren

Zusammengesetzt wird der U-Ausschuss entsprechend der Stärke der Parteien im Nationalrat nach dem d'Hondtschen Verfahren. Im U-Ausschuss müssen alle im Hauptausschuss vertretenen Parteien sitzen. Wie schon bei den beiden letzten U-Ausschüssen zu Banken und Eurofightern besteht das neue Gremium aus 17 Abgeordneten (jeweils sechs SPÖ- und ÖVP-Vertreter, jeweils zwei Grüne- und FPÖ-Mandatare und ein BZÖ-Abgeordneter).

Der Ausschuss-Vorsitzende wird bei der konstituierenden Sitzung von den Ausschussmitgliedern gewählt. Ihm wird "im Interesse des Schutzes der Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen sowie zur Wahrung eines fairen Verfahrens" ein Verfahrensanwalt beigegeben. Diese Rolle übernehmen in der Regel pensionierte Juristen.

Wie ein Gerichtsverfahren

Ein U-Ausschuss läuft - abgesehen vom Urteil und der Strafe - prinzipiell ab wie ein Gerichtsverfahren. Der Ausschuss hat auch Zwangsmittel wie Ordnungsstrafe und Vorführung bei Nicht-Erscheinen einer Auskunftsperson oder Beugestrafe bei ungerechtfertigter Verweigerung der Aussage zur Verfügung, die er freilich bei Gericht beantragen muss.

Zur Untersuchung seines - im Antrag detailliert festgehaltenen - Gegenstandes erhebt der U-Ausschuss Beweise. Dies können Urkunden (öffentliche Ämter müssen angeforderte Akten vorlegen), Aussagen von Auskunftspersonen und Gutachten von Sachverständigen sein; auch Ortsaugenscheine sind denkbar, Hausdurchsuchungen oder Beschlagnahme von Gegenständen allerdings unzulässig.

Auskunftspersonen stehen unter Wahrheitspflicht - können aber die Aussage verweigern. Die Entschlagungsgründe sind im Wesentlichen der Zivilprozessordnung nachgebildet - etwa wenn sie sich selbst strafrechtlich relevant belasten. Beamte dürfen sich prinzipiell nicht auf die Amtsverschwiegenheit berufen - tun sie es, kann der U-Ausschuss mit Zwei-Drittel-Mehrheit die Aussage erzwingen. Auskunftspersonen können sich von Vertrauenspersonen begleiten lassen, die allerdings nicht - wie ein Anwalt - an ihrer Stelle aussagen können. Zur Durchsetzung ihrer Rechte können sich Auskunftspersonen an den Verfahrensanwalt wenden.

Nicht oft eingesetzt

Die Sitzungen des Ausschusses zur Beweisaufnahme sind grundsätzlich medienöffentlich, allerdings können die Medienvertreter per Beschluss ausgeschlossen werden. Nicht öffentlich sind die Beratungen. Nicht veröffentlicht werden dürfen auch von öffentlichen Ämtern vorgelegte Akten.

Formales Ergebnis eines Untersuchungsausschusses kann nur ein Bericht, versehen mit Empfehlungen, sein. Konsequenzen setzen kann der Nationalrat, etwa indem er einem Regierungsmitglied mehrheitlich das Misstrauen ausspricht. "Realpolitisch" kann freilich der durch einen U-Ausschuss aufgebaute Druck zum Rücktritt politischer Funktionäre führen - siehe Innenminister Karl Blecha und Nationalratspräsident Leopold Gratz (beide S), die 1989 im Zusammenhang mit dem Lucona-Untersuchungsausschuss ihre Ämter niederlegten.

Der Nationalrat bedient sich dieses Instrumentes eigentlich ziemlich selten - in den 90er-Jahren gab es keinen einzigen U-Ausschuss. Das hat sich aber mit der letzten Nationalratswahl im Oktober 2006 geändert - der gestern beschlossene U-Ausschuss ist schon der dritte seit dem Urnengang. (APA)