Sind E-Mails Briefe? Gilt für sie auch das Briefgeheimnis, dessen Verletzung der § 118 des Strafgesetzbuches mit bis zu drei Monaten Freiheitsstrafe oder 180 Tagessätzen Geldstrafe bedroht? Im Prinzip ja. "E-Mails sind auf jeden Fall geschützt, solange sie im System sind", erklärt Strafrechtsprofessor Andreas Scheil von der Uni Innsbruck. Auch das Briefgeheimnis gilt nur für "verschlossene" Briefe und Post, die in einem "verschlossenen Behältnis", z. B. einem versperrten Schreibtisch, aufbewahrt ist. Wer so etwas liest, macht sich strafbar.

Umgelegt auf elektronische Post, heißt das, dass der "widerrechtliche Zugriff auf ein Computersystem" (§ 118 a) oder die "Verletzung des Telekommunikationsgeheimnisses" (§ 119) unter Strafe steht (bis zu sechs Monate Haft oder 360 Tagessätze). Wer ein Passwort klaut oder in einen fremden PC technisch "einbricht" und E-Mails liest, macht sich ebenso strafbar wie jemand, der ungelesene E-Mails eines anderen Adressaten öffnet und liest. Aber in dem Moment, wo ein PC nicht heruntergefahren oder eine E-Mail offen am Schirm stehenbleibt, ist sie nicht mehr geschützt - weil sie ja nicht "verschlossen" ist.

Generell gilt (außer für Amtsgeheimnisse): Der rechtmäßige Empfänger kann seine E-Mails weiterleiten, an wen auch immer. "Ich kann Ihnen ja auch einen persönlichen Brief, der mir geschrieben wurde, schenken", sagt Professor Scheil dazu.

Und die Moral von der Geschicht'? Trau deinen E-Mail-Empfängern besser nicht. (nim/DER STANDARD, Printausgabe, 4.3.2008)