Haben beim Hauptbahnhof vielleicht doch voreilig gebohrt (v. li.): Verkehrsminister Werner Faymann, Bürgermeister Michael Häupl und ÖBB-Chef Martin Huber

Foto: Mathias Cremer
Intensives Lobbying hat nichts genützt: Der Architektenwettbewerb für den Wiener Hauptbahnhof (samt 110 Meter hohem Turm mit ÖBB-Konzernzentrale) muss doch öffentlich ausgeschrieben werden, eine Einladung ausgewählter Architekten ersetzt die EU-weite Ausschreibung nicht und ist nichtig.

Das besagt der mit Spannung erwartete und am Montag ergangene Bescheid des Bundesvergabeamts. In selbigem qualifiziert der Senat 7 unter Vorsitz von Julia Stiefelmeyer die Vorgangsweise der ÖBB Immobilienmanagement - und damit das gesamte Vergabeverfahren für die BahnhofsCity - als Umgehung der vergaberechtlichen Bestimmungen und damit als rechtswidrig.

Für die ÖBB-Immo, eine Tochter der ÖBB-Infrastruktur Bau AG, und ihren Partner Stadt Wien bedeutet dieser Spruch eine Niederlage auf allen Ebenen. Sie hatte das geladene Wettbewerbsverfahren damit gerechtfertigt, dass die ÖBB-Immo wohl den ganzen ÖBB-Grundbesitz verwalte und die Erlöse aus Immobilienverkäufen an ihre im Staatsbesitz stehende Mutter abführe, aber selbst privatwirtschaftlich agiere. Außerdem würden die drei inkriminierten Bauobjekte, zu denen die ÖBB-Konzernzentrale gehört, nicht aus dem ÖBB-Rahmenplan finanziert.

Kläger Snohetta AS

Der Kläger, die renommierte norwegische Snohetta AS, die sich mit dem Bau der Bibliothek von Alexandria einen Namen gemacht hat und das 9/11-Memorial auf Ground Zero in New York errichtet, hatte genau das bestritten und darüber hinaus angeführt, dass der Auftragswert den "Unterschwellenbereich" von 206.000 Euro weit überschreite.

Dementsprechend sehen sich die Snohetta vertretenden Vergaberechtsexperten der Sozietät Pflaum Karlberger Wiener Opetnik Rechtsanwälte, Petra Rindler und Christoph Henseler, auf ganzer Linie bestätigt: "Das ist insofern eine bahnbrechende Entscheidung, weil sie nicht nur die BahnhofsCity betrifft, sondern der Bescheid eine Handlungsanleitung gibt, wann auch andere ÖBB-Töchter dem Vergaberecht unterliegen. Damit ist klargestellt, dass sich öffentliche Auftraggeber ihrer Pflichten prinzipiell nicht durch Gründung von Tochtergesellschaften entziehen können."

Auf wackeligen Beinen

Dass ihre Argumentation auf wackeligen Beinen steht, dürfte die ÖBB-Immo bereits geahnt haben. Sie hat den Auftragswert für Architekturleistungen für die BahnhofsCity am Freitag, also neun Tage nach der Verhandlung im Bundesvergabeamt am 20. Februar, plötzlich mit 2,895 Millionen Euro beziffert. Den Bescheid kann die ÖBB-Immo nicht anfechten, aber sie kann binnen sechs Wochen bei Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof Beschwerde erheben. Ob sie das erwägt, war am Montag nicht zu erfahren. Klar ist dafür, dass sich der Bau des Hauptbahnhofs um gut acht Monate verzögern wird und bis 2011 wohl nicht fertig werden wird.

Als "Erfolg für Transparenz und Architekturqualität" und eine Absage an "die Immobilien-Mauschelei von ÖBB-Holding-Chef Martin Huber und ÖBB-Immo-Chefin Michaela Steinacker" sieht die Entscheidung Grün-Verkehrssprecherin Gabriela Moser. (Luise Ungerböck/DER STANDARD-Printausgabe, 4.3.2008)