Wien – Am 1. März 2002 konnte Michael Kloibmüller, für Personalfragen zuständiger Mitarbeiter des damaligen Innenministers Ernst Strasser, seinem Chef unter dem Betreff "klubtermin in nö" folgende erfreuliche E-mail-Mitteilung machen: "habe von 14 abgeordneten 26 interventionen unterschiedlichster art entgegengenommen. termin kommt, meiner einschätzung nach, bei abgeordneten sehr gut an. wir werden dadurch aber, fürchte ich, noch mehr arbeit bekommen." Diese Befürchtung sollte in den folgenden Wochen und Monaten tatsächlich wahr werden, wie ein Auszug aus den E-Mails beweist:

Rote Probleme

Der Minister an "Ossi", Kabinettsmitarbeiter Oskar Gallop, am 18. Dezember 2002: "lieber ossi, präs. fasslabend hat mich ersucht, um zu schauen, dass ki wien ein herr r bekommt, dafür vorgesehen wäre angeblich ein herr t. wie schaut das aus, bitte um info." Eine weitere Intervention betraf den Versetzungswunsch eines Kommandanten der Wiener Sicherheitswache. "Ossi" schrieb an Strasser: "hallo ernst, für den besagten bezirk gibt es eine vereinbarung mit dem bürgermeisterbüro. christoph (Ulmer, Anm.) ist informiert. vereinbarungsgemäß ist vorgesehen, dass es in diesem bezirk keinesfalls einen schwarzen stadthauptmann (...) und einen schwarzten abteilungskommandanten (h.) geben soll. deshalb müsste h. nach ottakring wechseln. h. erleidet dadurch aber keinen finanziellen schaden." Weniger geduldig zeigte sich Strasser mit einem anderen "Roten", dem Kriminalpolizisten Christian Horner, derzeit Pressesprecher des oberösterreichischen Landeshauptmann-Stellvertreters Erich Haider: "michael, wie bringen wir den an? ist angeblich noch bis 2003 karenziert? ernst" (24. Juli 2002) Daraufhin Kloibmüller: "habe das schon 2001 prüfen lassen. horner ist leider bescheidmäßig bis ende 2003 karenziert. es gibt keine möglichkeit diese karenz aufzuheben..."

Blaue Schützlinge

Am 21. Oktober 2001 hämmerte Strasser an die damalige Kabinettmitarbeiterin Michaela Pfeifenberger, jetzt stellvertretende Polizeipräsidentin in Wien, in die Tasten: "liebe michi, westenthaler hat mich auf angeblich noch immer 5 suspendierte polizisten angesprochen. wie ist der stand, wann ist mit entscheidungen zu rechnen. wenn es noch dauert, wie kann man das problem der zuständigen vizekanzlerin zuspielen. bitte info. ernst"

Manchmal wurde sogar den diesbezüglich hartgesottenen Strasser-Mitarbeitern das selbstbewusste Auftreten eines "Interventionskindes" zu viel. Am 24. Mai 2002 schrieb Oskar Gallop an Strasser: "...heute teilt mir der rote brigadier schneider (zuständig für die aufnahmen bei der wiener polizei).... mit, dass dieser l. im rahmen der eignungsprüfung damit geprahlt hat, dass ihn sogar der innenminister unterstützt und dass das auswahlverfahren nur eine formsache sei. ich meine, man sollte partik-pablé über das auftreten ihrer schützlinge unterrichten und diesen l. disziplinieren."

Überhaupt der blaue Koalitionspartner. Gar skurril mutete Strasser zuweilen an, was da gewünscht wurde: Der FP-Abgeordnete Preissler hatte sich Kloibmüller am 25. März 2002 "unter anderem wieder als konsulent oder so in sicherheitsfragen (grenze/drogen) angeboten. da sehe ich keinen handlungsbedarf. ein vorschlag war, dass er als verbindungsmann zw. den ministerien der fpö und dem bmi tätig ist." Strasser etwas verwirrt an seinen Mitarbeiter: "werde ich mir überlegen, skurril ist das schon, wenn ich für einen fpö-ler bei der parteiobfrau intervenieren soll - wie will er da verbindungsmann zur fpö sein, wenn er mich als verbindungsmann braucht, um verbindungen zu knüpfen???" Darauf hatte Kloibmüller sofort eine Antwort parat: "ich weiß, aber genau das ist ja das reizvolle!!!! preissler wird nichts bringen, aber allein, dass du bei riess intervenieren musst, dass ein blauer bei ihr einen termin bekommt könnte man zur gegebenen zeit verwenden."

Schwarze Freunde

Bodenständiger muteten da schon die Wünsche der schwarzen Parteifreunde an: Kurze Frage von Strasser an Mitarbeiter Michael Kloibmüller: "was ist nach dem gespräch neugebauer wegen sch. passiert, wie geht es da weiter?" Kurze Antwort desselben: "habe das cu (Kabinettchef Christoph Ulmer, Anm.) abgetreten. er kümmert sich um den fall." Am 14. Oktober 2002 schrieb Gallop Ulmer: Strasser am 23. Jänner 2003 an seinen Kabinettchef Christoph Ulmer: "christoph, benita hat mich angesprochen auf g. er hätte gerne das referat kapital- und sittlichkeitsverbrechen im bka. gibt es da probleme? bitte info. ernst" Ulmer hatte darauf leider keine positive Antwort: "...das ist schon anders entschieden und besetzt mit einer frau ... herr g. wird aber im bereich eurodac eingesetzt. herwig haidinger hat mit ihm gesprochen und er ist einverstanden... ich habe schon mit g. telefoniert... so ein echter star ist das nicht gerade..."

Der ÖVP-Landtagsabgeordnete Bernd Toms (NÖ) ging am 22. Dezember 2002 gleich direkt zur Sache: "...Ich bitte Dich, lieber Ernstl, Kraft Deiner Funktion diese krasse Ungleichbehandlung unseres Bezirks in dieser Frage (Nichtberücksichtigung des Krems-Stadt-Gendarmeriepostens in der Frage der Anzahl der neuen Planstellen) ordnend zu korrigieren!" Den Hintergrund lieferte Toms auch gleich mit: "Der SPÖ-Bez.kommandant wird aufgewertet und einer der beiden ÖAAB-E2a-Referenten sollte entfernt werden..." Strasser bat sein Kabinett umgehend um Info an ihn und Toms.

Hilfreich wollte der Minister auch in der Frage der Neubesetzung des Bezirksgendarmeriekommandos Mödling sein. Am 18. Dezember 2002 schrieb er an Kloibmüller unter dem Betreff: "intervention laabg. hintner": "... 1) bgk mödling: hintner möchte denselben mann wie spindelegger. was ist da fact? 2) in der schule in traiskirchen will er einen oberst g. was steht da an?" Kloibmüller meinte im Fall Mödling, dass der FCG-Kandidat "fachlich sicher der bessere mann" sei, wehrte sich aber im Fall der Gendarmerieschule Traiskirchen: "mein kandidat ost f. (fcg) sollte untergebracht werden; g. gerade stellvertreter geworden; sollte reichen!!!"

Auch der ehemalige niederösterreichische Landeshauptmann Ludwig meldete, laut Strasser, Wünsche an – und zwar sowohl für die Leitung des Gendarmeriepostens in Perchtoldsdorf, Ludwigs Heimatgemeinde, als auch für die „führung von allensteig“: „ludwig interveniert, dass oberst e. dort der chef wird. weißt du ob das funktioniert? “(Strasser an Ulmer am 11. Oktober 2002) Maria Fekter sprach bei Strasser vor, weil sie wollte, dass ihr Vertrauter H. von der Bezirkspolizeidirektion Wels „auf irgendeine 3. planstelle vorgesehen wird, die angeblich nur deshalb nicht besetzt wird, weil h. als schwarzer gelten soll“ (20. Oktober 2002).

Der Musicalstar Uwe Kröger schließlich setzte sich schon im Dezember 2001 für seinen Freund k. ein, der gerne im Gendarmerieposten Baden etwas geworden wäre. Daraufhin beschied Kloibmüller seinem Chef: "k. gilt als schwarzer ist aber idiot", was Strasser zu besonderer Rücksichtnahme veranlasste: "bitte antwortschreiben von dir an kröger. aber vorsichtig formulieren. danke."

Böse Nachrede

Doch all das Feingefühl nützte nichts. Am 29. Oktober 2002 hatte der Minister seinem Mitarbeiter Kloibmüller unter dem Betreff: "mobbing in tiroler gendarmerie-kreisen?" Unangenehmes mitzuteilen: "... ein freund schreibt mir aus dem tiroler oberland: ganz etwas anderes. ich weiß, es geht mich nichts an und doch ärgert es mich jedesmal, wenn dich menschen – nicht nur aus Tirol – auch aus anderen bundesländern als ignorant, arrogant und brutal hinstellen. im zuge der gespräche mit dem wahlvolk stoße ich immer wider darauf, dass ein teil deiner basis/mitarbeiter/untergebenen demotiviert und von deiner minderwertschätzung ihnen gegenüber überzeugt ist. und immer wieder fällt in diesen gesprächen der name kloibmüller... der scheinbar in deinem namen angst, druck und minderwertschätzung verteilt..." Strasser weiter an Kloibmüller: "kannst du dir vorstellen, wer da schweinereien verbreitet. mir ist es grundsätzlich nicht wichtig, aber du sollst wissen, was da manche herumreden." Daraufhin Kloibmüller an Strasser: "ist mir neu!!! hab ich in drei jahren noch nie gehört. muss mich bei unseren leuten in tirol etwas kundig machen." (Petra Stuiber)