Richterin Claudia Bandion-Ortner bewies in den vergangenen acht Monaten ein robustes Nervenkostüm. Sie ist freundlich, aber bestimmt, kompetent, aber nicht besserwisserisch und hat bisher noch jeden verbalen Angriff des inhaftierten Hauptangeklagten, Helmut Elsner, mit erstaunlicher Gelassenheit pariert. Nur einmal hat sie ihn verwarnt, sein ätzender Hinweis, sie habe abgetanzt, während er hart gearbeitet habe, ist ihr dann doch ein bisserl zu weit gegangen.

 

In einem Punkt aber hat die Juristin von Anfang an geirrt: in der Einschätzung der Dauer des Verfahrens. Zu Verhandlungsbeginn, im Juli vorigen Jahres, hatte sie, wohl auch aus Gag-Gründen, den Weltspartag Ende Oktober 2007 für ihre Urteilsverkündung anvisiert. Dass der Termin nicht halten konnte, war allen bald klar; wenig später kristallisierte sich dann heraus, dass auch der nächste Traumtermin - Anfang Februar - nicht halten wird. Kein Wunder, inzwischen ist das größte Wirtschaftsverfahren der Zweiten Republik, mit (derzeit) zehn Angeklagten, denen ein Schaden von fast 1,5 Milliarden Euro vorgeworfen wird, noch umfangreicher geworden.

Jetzt sind sogar die für verjährt gehaltenen ersten Karibik-Geschäfte Thema - seit dem 77. Verhandlungstag am Freitag steht der Verdacht der Parteienfinanzierung nicht nur im Raum (wo er schon lang steht), sondern in Form von Kartons im Gericht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts der Untreue.

Das hat laut Richterin zwar nicht unmittelbar mit dem laufenden Bawag-Prozess zu tun - das Verfahren verlängern wird es aber unter Garantie. Jetzt rächt sich das eilige Vorverfahren, das bei den 2006 wahlkämpfenden Politikern allzu gern gesehen war. Jetzt muss der Richtersenat kühlen Kopf, eiserne Nerven und Geduld beweisen. Es geht schließlich darum, den roten Sumpf von Jahrzehnten aufzuarbeiten - und das darf schon ein bisserl länger dauern. (Renate Graber/DER STANDARD, Printausgabe, 1./2.3.2008)