Nach der Verurteilung des früheren Vize-Konsuls in Budapest vor genau einer Woche beginnt am Montag im Wiener Landesgericht die nächste Verhandlung gegen einen Außenamtsmitarbeiter. Der frühere Botschafter in Kiew muss sich nicht nur wegen Amtsmissbrauch vor einem Schöffensenat verantworten. Dem 54-Jährigen wird vor allem schwerer gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen. Den vorerst auf zwei Tage anberaumten Prozess leitet Richter Andreas Böhm, die Anklage vertritt - wie auch in der Causa um den Visa-Handel in Belgrad und Budapest - Staatsanwältin Katja Wallenscheswki.

Über 500 ukrainischen Staatsbürgern soll der Angeklagte in seiner Funktion als Botschafter inhaltlich unrichtige bzw. mangelhafte Einreisegenehmigungen in den Schengen-Raum erteilt haben. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hätten die zwischen 2003 und 2004 ausgestellten Visa niemals abgesegnet werden dürfen, zumal ihre Unvollständigkeit auf den ersten Blick ersichtlich gewesen sei. "Schmiergeld" soll der von November 2001 bis März 2006 in Kiew tätige Ex-Botschafter von den Visa-Werbern weder verlangt noch bekommen haben, was allerdings nichts am Vorwurf des Amtsmissbrauchs ändern würde: Für diesen Tatbestand reicht es aus, dass ein Beamter wissentlich seine Befugnisse missbraucht und damit einen anderen an seinen Rechten schädigt, in diesem Fall die Republik Österreich.

Jahrelanger Betrug

Schwerer wiegt der zweite Anklagepunkt, in dem der Ex-Botschafter des jahrelangen Betrugs bezichtigt wird. Ein Schuldspruch hier würde den Strafrahmen auf bis zu zehn Jahre erhöhen. Zwischen 2002 und 2005 bezog der Angeklagte einen sogenannten "Ehegattenzuschlag". Rechtens wäre dies, hätte seine Gattin Kiew zu ihrem Lebensmittelpunkt gemacht. Genau das soll laut Anklage aber nicht der Fall gewesen sein; die Diplomatengattin habe ihren Mann nur fallweise besucht. Schaden: Rund 50.000 Euro. Der Mann hat im Vorverfahren sämtliche Anschuldigungen zurückgewiesen.

Nach Bekanntwerden der ersten Verdachtsmomente im April 2006 war der Außenamtsmitarbeiter nach Wien zurückbeordert und vorübergehend als Referent in der Zentrale eingesetzt worden. Seit Rechtskraft der Anklage ist er vom Dienst suspendiert. Außenamtssprecher Peter Launsky-Tieffenthal betonte, man habe keine Verwicklung weiterer Botschaftsangehöriger festgestellt und "alles Menschenmögliche" unternommen, um zukünftig derartige Praktiken zu verhindern. (APA)