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Lam Akol, erster Außenminister aus dem Süden.

Foto: Reuters
Als die zwei großen Parteien von Nord- und Südsudan 2005 Frieden schlossen, versprach die internationale Gemeinschaft Unterstützung. Diese bleibt wegen der Darfur-Krise aus. Wird das Referendum 2011 den Zerfall des Sudan bringen - und mit welchen regionalen Folgen?

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Als "ernsthaften Versuch", eine gemeinsame Vision für ein Zusammenleben zwischen Nord- und Südsudan nach jahrzehntelangem Krieg zu schaffen, bezeichnet Pa'gan Amum Okiech den CPA (Comprehensive Peace Agreement), den im Jänner 2005 geschlossenen Friedensvertrag der Regimepartei NCP in Khartum und der früheren südlichen Rebellenbewegung SPLM. Okiech ist Minister für Kabinettsangelegenheiten und damit so etwas wie ein Regierungskoordinator zwischen NCP und SPLM, die sich nun in Khartum die Ämter teilen (plus einige Repräsentanten aus Ostsudan, siehe Grafik).

Allerdings bezeichnen Kritiker wie der Oppositionelle Sadiq al-Mahdi auch den CPA als "begrenzt und parteiisch", eben weil nur von zwei Parteien abgeschlossen und auf schwachen Beinen stehend. Es kommt auch zu Gewalt zwischen den Gruppen im Süden.

Dass es Probleme gibt, verschweigt Okiech keineswegs - er gilt wegen seiner Zeitungskolumnen, die er vor seinem Regierungseintritt schrieb, als Separatist (und möglicher Präsident eines Südstaates): Von der sechsjährigen Übergangszeit bis zum Jahr 2011, in dem ein Referendum über die Unabhängigkeit des Südens stattfinden soll, seien drei vergangen, "und wir haben wenig gemacht", sagt er. Die Menschen im Süden seien enttäuscht.

Der CPA sieht eine Aufteilung der Erdöleinkommen 50 zu 50 zwischen dem Norden und dem heute von der SPLM allein regierten Süden - und da die Bewohner des Südens das Gefühl hätten, nur "ihr" Erdöl (die Vorkommen sind hauptsächlich im Süden) würden geteilt, wäre die Separation für viele attraktiv, sagt Okiech. Khartum wird immer wieder vorgeworfen, bei der Überweisung des Anteils des Südens zögerlich zu sein. In einer inzwischen beigelegten Krise traten deshalb die SPLM-Minister kurzfristig aus der nationalen Regierung aus.

Ein anderer schwacher Punkt ist die Vereinigung der zwei Armeen (der sudanesischen und der SPL-Armee) in ein nationales Militär. Wichtige Schritte waren bis 2011 vorgesehen, die Bildung von "gemeinsamen Einheiten" steckt aber noch in den Anfängen, wobei eher die SPLM auf der Bremse steht. Sie hält sich offenbar die Optionen offen.

Okiech bestätigt jedoch, was auch von NCP-Offiziellen gesagt wird: Dass es ein politischer Wahnsinn sei, Khartum bei der Lösung seines Nord-Süd-Konflikts allein zu lassen, weil man wegen der Darfur-Krise nicht mit dem Sudan kooperieren wolle. Die 2005 versprochene internationale Unterstützung bleibe gänzlich aus. Wegen Darfur drohe auch der Nord-Süd-Friedensprozess zu scheitern.

So sieht das auch der erste SPLM-Außenminister, Lam Akol, der vergangenen Herbst von der eigenen Partei abgelöst wurde: Weil er Dinge sagt, die sie ungern hört. Er kritisiert die Regierung im Süden. Die Bevölkerung würde nichts von der einen Milliarde Dollar spüren, die allein durch Öleinnahmen hereinkomme (es gibt auch Zoll- und Steuereinkünfte), sie verschwindet in den Taschen von Funktionären: Die Politikergehälter im Süden seien ein Mehrfaches von denen im Norden. "Die Menschen sind sich nicht mehr so sicher" in ihrer Haltung zur SPLM, sagt Akol, der offenbar mit einem Denkzettel bei den Wahlen 2009 rechnet.

Der Zusammenarbeit von NCP und SPLM zur Bewahrung der Einheit des Landes stellt Akol ein gutes Zeugnis aus, gleichzeitig weist er Unkenrufe, dass es ein unabhängiger Süden mit seiner nicht existenten Infrastruktur allein unmöglich schaffen könne, zurück: Das habe man noch von jedem Land gesagt, das unabhängig geworden ist.

Und Süd-Separatisten gibt es letztlich auch im Norden: In der NCP wächst die Fraktion, die den Konflikt mit der Peripherie für unlösbar hält und auf eine Abspaltung mit späterer Kooperation setzt. Die Sorge, was ein Zerfall des Sudan für die anderen Kolonialgrenzen in Afrika bedeuten würde, wird vom Tisch gewischt. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.2.2008)