Wien - An ein großes, optimistisches und gerade dadurch möglicherweise zukunftsweisendes Projekt wagt sich das Odeon Theater ab 12. März mit einer "Wiederentdeckung", die Erwin Piplits am Donnerstag bei einer Pressekonferenz vorstellte: Die französische Barockoper "Alcione" von Marin Marais feiert mit ihrer weltweit ersten szenischen Aufführung seit 237 Jahren im Odeon sozusagen eine Wiederauferstehung, für die Regisseur Philipp Harnoncourt und der musikalische Leiter Lorenz Duftschmid verantwortlich zeichnen.

Interessant ist "Alcione" vor allem durch die Besonderheiten der französischen Barockoper, die sich mit ihrem Rhythmus von Rezitativen und Arien wesentlich von der italienischen Oper unterscheidet, wie Duftschmid erläuterte. "Alcione" sei das erfolgreichste der insgesamt vier Bühnenwerke von Marin Marais, der für seine Kompositionen für Viola da Gamba als "Engel der Gamba" gefeiert wurde.

Im Dialog mit der Produktion im Odeon und in Kooperation mit dem französischen Kulturinstitut zeigt das Burg Kino am 4. und 18. März den Film "Tous les Matins du Monde" (Deutscher Titel: "Die siebente Saite"), der von der Begegnung zwischen dem Gambenspieler Sainte-Colombe und dem Komponisten Marin Marais am französischen Hof handelt. Regisseur Alain Corneau hat die Geschichte aus dem Barock unter anderem mit Gérard Depardieu und Jean-Pierre Marielle 1991 in Szene gesetzt.

Metamorphosen des Ovid

Die musikalische Umsetzung erforderte einige Anstrengungen. Neben dem Serapions Ensemble steht das Armonico Tribute Austria auf der Bühne, gespielt soll möglichst mit Originalinstrumenten aus dem 18. Jahrhundert werden. Traversflöten, Oboen und Fagott wurden extra für die "französische Stimmung dieser Zeit" angefertigt. Besonders stolz ist man im Odeon auf ein 1699 in Paris gefertigtes Originalinstrument, das nun zum Einsatz kommen soll. Möglicherweise habe Marais sogar selbst darauf gespielt. Die Ausstattung stammt wie immer von Ulrike Kaufmann und Erwin Piplits.

"Alcione" beruht auf einigen Episoden aus dem 11. Buch der Metamorphosen des Ovid und erzählt von der Unmöglichkeit, die große Liebe zu leben, über die Intrigen der Welt und der Götter. Der Mythos, den Ovid wiedergibt, erzählt aber auch von einer Liebe, die über den Tod hinausführt. Das Libretto wurde von Antoine Houdar de la Motte (1672 - 1731) verfasst.

Im Jahr 1706 wurde die Oper, die der "Tragedie lyrique" zugeordnet wird, am Hof des Sonnenkönigs Ludwig XIV. uraufgeführt, doch ihr Erfolg war nicht von langer Dauer. Bald verschwand sie von den Spielplänen. Das Originalklangensemble Armonico Tributo Austria, das Serapions Ensemble, die J.J. Fux-Madrigalisten und das Sängerensemble mit Svetlana Smolentseva und Johannes Weiß in den Hauptrollen versuchen sich nun an dem Opernabend, der in Fachkreisen durchaus auf Interesse stoßen werde, wie man im Odeon hofft.

Die Stimmung im Odeon ist optimistisch, über die Spannungen mit der Stadt Wien im vergangenen Jahr und die aktuelle Situation will man derzeit nicht sprechen. Nur so viel: Diese Produktion sei ein gutes Zeichen, dass man in die Zukunft blicke. Man zeige nun "Dinge, die Perspektive in sich bergen", so Piplits auf Nachfrage. Auch im Büro des Kulturstadtrats Andreas Mailath-Pokorny (S) verwies man lediglich auf ein "konstruktives Gesprächsklima". Bis zum Sommer stehen dem Theater insgesamt 690.000 Euro an Förderungen zur Verfügung, die Mitte 2007 beschlossen wurden. Wie es weiter geht, werde man zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgeben. Also konzentrierte man sich heute auf die Hintergründe der neuen Produktion "Alcione". So fehlte es beispielsweise an Orchesternoten für die Oper, die dank einer amerikanischen Wissenschafterin im letzten Moment aufgetrieben werden konnten. (APA)