Dusseldorf/Berlin/Brüssel - Der deutsche Energie-Konzern E.ON beugt sich dem Druck der EU-Kommission und stellt sein Strom- Übertragungsnetz zum Verkauf. Damit sollen alle Auseinandersetzungen mit der Kommission im Strombereich beendet werden, wie E.ON am Donnerstag mitteilte. Die Kommission, die für mehr Wettbewerb eine Trennung von Stromerzeugung und Netz fordert, begrüßte die Ankündigung. Sie führte gegen E.ON Vorermittlungen in zwei Fällen im Stromsektor.

E.ON bietet an, die Übertragungsnetze an einen Betreiber zu verkaufen, der nicht im Bereich der Stromerzeugung oder Stromversorgung tätig ist. Außerdem könne eine Kraftwerksleistung von 4.800 Megawatt (MW) an einen Wettbewerber abgegeben werden. Das entspricht immerhin der Produktion von rund vier Kraftwerksblöcken vom Typ Biblis.

Gespaltene Meinungen

Die deutsche Strombranche zeigte sich angesichts des E.ON-Vorgehens gespalten. Bei Vattenfall, einem der vier großen deutschen Versorger, wird ein Verkauf des ochspannungsnetzes geprüft, bei RWE und EnBW abgelehnt. "RWE führt keine Verhandlungen mit der EU-Kommission zur Abgabe von Netzen", betonte ein RWE-Sprecher am Donnerstag in Essen. RWE hatte mehrfach erklärt, der Versorger halte an seinen Netzen fest. "Es gibt auch wegen der Versorgungssicherheit dafür gute Gründe", hatte ein RWE-Sprecher am Morgen gesagt.

Sobald die EU-Kommission die Vorschläge geprüft hat, könnten die Verpflichtungen von E.ON rechtsverbindlich gemacht werden und die EU-Kommission könnte die laufenden Kartellverfahren gegen den deutschen Energiekonzern einstellen, teilte die EU-Behörde mit. "Diese Vorschläge, wenn sie angenommen werden, würden den Elektrizitätssektor in Deutschland strukturell verändern und Wettbewerb in dem Sektor zum Nutzen von Haushalts- und Industriekunden ankurbeln."

Pläne werden begrüßt

Verbraucherschützer begrüßten dagegen die E.ON-Pläne und forderten von der Bundesregierung ein Konzept für die Trennung von Netz und Produktion. "Die Bundesregierung muss Vorschläge machen, wie eine ordentliche Netzinfrastruktur sichergestellt wird", sagte Holger Krawinkel, Energieexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen dem "Tagesspiegel". Eine Möglichkeit sei, dass der Staat die Netze wieder in sein Eigentum nehme.

Für E.ON selbst kann eine Trennung von den Leitungsnetzen wirtschaftlich durchaus Sinn machen. Den Löwenanteil seiner Gewinne erzielt der Konzern nicht im Vertrieb, sondern in der Produktion von und im Großhandel mit Strom.

Zerschlagung der großen Versorger

Hintergrund der Entscheidung ist unter anderem auch die aktuelle Diskussion der europäischen Wirtschaftsminister in Brüssel über die von der EU-Kommission geplante Zerschlagung der großen Versorger. Der Regierungssprecher sagte dazu, Deutschland halte an der mit sieben anderen EU-Staaten vorgeschlagenen "dritten Option" fest. Diese sieht als weichere Alternative zur strikten eigentumsrechtlichen Entflechtung die organisatorische Trennung von Produktion und Transport vor.

Diese Option stelle "die Netzinvestitionen sicher, die für die Integration der erneuerbaren Energien und neuer Kraftwerke dringend erforderlich sind", sagte der Sprecher. Die Bundesregierung gehe davon aus, dass die Kommission und diejenigen EU-Staaten, die bisher die eigentumsrechtliche Entflechtung favorisiert hätten, auf den Alternativvorschlag eingingen.

Regierung ist verwundert

Die deutsche Regierung hat sich "verwundert" über den Zeitpunkt der E.ON-Entscheidung gezeigt, seine Elektrizitätsnetze zu verkaufen. In Hinblick auf den zeitgleich tagenden EU-Energieministerrat und den Widerstand der EU-Kommission gegen den von Deutschland verfolgten Alternativplan, der einen zwingenden Verkauf der Netze verhindern soll, sagte der zuständige Staatssekretär Peter Hintze: "Das ist ein denkwürdiger Zusammenfall."

"Das kann ein Zufall sein. Aber es fällt schon wer, daran zu glauben", betonte Hintze. Er bekräftigte, Deutschland halte an dem Alternativplan für einen "dritten Weg" zur Entflechtung der Energiemärkte fest, der auch von Österreich, Frankreich und fünf weiteren EU-Staaten unterstützt wird. "Für uns ist das eine prinzipielle Frage", sagte er. Der Vorschlag habe bei den Beratungen die Sympathien von vier bis fünf weiteren Staaten bekommen. Er soll nun offiziell als Grundlage in die Verhandlungen aufgenommen werden, dies habe die slowenische EU-Ratspräsidentschaft zum Ende der "sehr lebhaften Beratungen" zugesichert. Hintze bestätigte, dass die EU bis Juni eine Einigung anstrebt. (APA/dpa/AP)