Es wirkte am Mittwoch zwar wie eine Überraschung, aber an der Abrechnung für Microsoft wegen seines Fehlverhaltens in Wettbewerbsfragen hat EU-Kommissarin Neelie Kroes seit September vergangenen Jahres gearbeitet.

899 Millionen Euro muss jetzt der Software-Riese zahlen, weil er die 2004 ergangenen und im September 2007 vom Berufungsgericht bestätigten Auflagen nicht erfüllt hat. Für die Informationen, die der Konzern Konkurrenten zur Verfügung stellen muss, hat er stattliche Lizenzgebühren verlangt. Ein Pflanz, empfand die vom Gerichtsentscheid gestärkte Kroes.

Somit summiert sich die Strafe auf 1,68 Milliarden Euro, mehr als das Dreifache der ursprünglichen Buße. Weil der US-Konzern in Dollar rechnet: 2,5 Milliarden Dollar, mehr als die Hälfte des letzten Quartalgewinns. Das schmerzt, wenn auch nur kurz. Microsoft scheint die Rechnung zu akzeptieren, weil es guten Wind für die geplante Übernahme von Yahoo braucht. Dabei wird es wieder auf die streitbare Kommissarin treffen, die sich derweil mit zwei neuen Ermittlungen gegen Microsoft fit hält.

Betrachtet man die verbrannte Erde zwischen Kroes und dem Konzern, könnte man meinen, die Sache sei persönlich: dort der vermeintliche US-Bully, hier der EU-IT-Minderwertigkeitskomplex (siehe auch Google, GPS).

Aber auch wenn Kroes immer wieder ungeschickte Bemerkungen entkamen, wie ihr Wunsch, Microsofts Marktanteile wesentlich zu senken: In den USA endete das erstinstanzliche Kartellurteil gegen Microsoft wesentlich drastischer – mit der angeordneten Zerschlagung. Und Kroes hat längst gezeigt – zuletzt bei Strafen gegen Lift- und Reißverschlusshersteller –, dass harte Entscheidungen ihr Markenzeichen sind. In Anbetracht der Macht von Konzernen ist das für EU-Bürger gut zu wissen. (Helmut Spudich/DER STANDARD, Printausgabe, 28.2.2008)