Das deutsche Verfassungsgericht erlaubt die Computer-Razzia nur in Ausnahmefällen und schafft sogar ein "Computer-Grundrecht": Der PC darf nur bei Lebensgefahr durchsucht werden, nicht aber bei geringeren Gefahren.

Selten hat ein Landesgesetz in Deutschland so viel Aufmerksamkeit erfahren, wie jenes, das am Mittwoch von den deutschen Höchstrichtern gekippt wurde. Nordrhein-Westfalen nämlich erlaubt als erstes deutsches Bundesland prinzipiell die Online-Durchsuchung. Der Verfassungsschutz darf dort auf Festplatten gespeicherte Daten ausspionieren. Dagegen hatten der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), zwei Anwälte, eine Journalistin und ein Politiker der Linkspartei geklagt. Sie sahen die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Fernmeldegeheimnis und das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Gefahr.

Und die Kläger bekamen recht. Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier erklärte das Landesgesetz für "mit dem Grundgesetz unvereinbar und damit für nichtig", weil es ein "besonders schwerwiegender Eingriff" in die Privatsphäre sei. Das Urteil betrifft aber nicht nur das Gesetz aus Nordrhein-Westfalen, wo die schwarz-gelbe Regierung 2006 vorgeprescht war, sondern ist auch eine Handlungsanweisung für Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Dieser will ja das Bundeskriminalamt auch online spähen lassen.

Doch dafür haben die Richter nun hohe Hürden aufgestellt. In ihrem 106 Seiten starken Urteil schrieben sie ein neues "Computer-Grundrecht" (Grundrecht auf "Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme) fest, das die Vertraulichkeit von Computerdaten garantiert.

Allerdings urteilt das Gericht auch: "Das Grundrecht (...) ist nicht schrankenlos." Das bedeutet, wenn jemand in Lebensgefahr ist oder wenn der Staat durch einen Terroranschlag bedroht ist, dann darf ein Computer online durchsucht werden - aber nur mit richterlicher Genehmigung. Nicht zulässig ist eine solche Razzia bei weniger schwerwiegenden Vergehen wie Diebstahl oder Raub. Schäuble will das neue Gesetz jetzt rasch umsetzen, die SPD ist nach den Auflagen des Verfassungsgerichts nun bereit. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 28.2.2008)