Der Wirtschaftstreuhänder Thomas Swancar und seine Partner stellen 1500 Stockbetten in eine Messehalle, bauen Kojen rundherum und bieten 3000 Fans günstige Unterkunft. Die Gäste kommen von überall her, der Fan-Hotelier rechnet mit rund 50.000 Nächtigungen in 25 Tagen.

Wien – Mit einem Besuch bei der WM 2007 in Deutschland, genauer des Fan-Camps am Dortmunder Messegelände, hat alles begonnen, bei der Euro wird Thomas Swancar mit seinen Partnern größter Gastgeber von Wien sein. "Ich habe mir damals gedacht, das machen wir auch", erzählt der Wirtschaftstreuhänder von der Kommunalgruppe, die gerade das Fan-Camp Wien auf die Beine stellt.

Die Gruppe hat von Anfang Mai bis Mitte Juli die Halle 10 am Messegelände im Prater gemietet, Verträge mit Reisebüros "quer durch Österreich, Deutschland, Polen, Kroatien" abgeschlossen, eine Homepage ins Netz gehängt – und wird in der Zehnerhalle, wo jüngst die Kardiologen tagten, von 6. Juni bis 30. Juni sehr sehr viele Gäste beherbergen.

Der Rest der Geschichte lässt sich nur in Zahlen beschreiben. Aus zwei Dritteln der 16.000 Quadratmeter großen (in dem Fall: Hotel-)Halle wird ein Schlafbereich gebaut, Platz ist für 3000 Leute. Untergebracht werden die in durch Rigips-Wände voneinander getrennten Kojen, in denen je zwei Zweier-Stockbetten stehen. Drei Schlafbereiche gibt es: für Männer, für Frauen und einen gemischten. Preis pro Nacht ohne Frühstück: 38 Euro.

200 Duschen und 100 Toiletten sind in Containern in der Halle untergebracht; neben dem Gastrobereich und Shops wird es einen Friseur geben und Visagisten – für die Gesichtsbemalung bei den Matches.

Insgesamt rechnen die Wirtschaftstreuhänder mit bis zu 50.000 Nächtigungen, Potenzial wäre für 75.000 da. Im Schnitt bleibt ein Gast drei Tage im Fan-Quartier, und wer glaubt, es kämen nur Fans mit dünnen Brieftaschen, der irrt.

Finanzvorstand im Stockbett

Swancar: "Es kommen nicht nur die, die sich kein Hotel leisten können, sondern es geht um die Atmosphäre. Die Gäste kommen auch nicht nur aus Polen oder Kroatien, sondern auch aus der Schweiz oder Deutschland; wir haben auch Reservierungen aus Kanada und der Ukraine." Und aus Österreich: Erst jüngst habe der Finanzvorstand eines großen österreichischen Unternehmens seine Plätze im Stockbett reserviert. Die Betten werden übrigens in Deutschland angemietet, was allein 100.000 Euro kostet. Der Aufwand sei überhaupt enorm, sagt der Fan-Quartiergeber, "er geht in den Millionenbereich. Wir rechnen ungefähr mit einer halben Million Euro Gewinn". Ob er in seinem Massenquartier nicht Ausschreitungen befürchtet? "Nein, wir sind keine Fan-Meile und kein Stadion, sondern eine Art Hotel. Im Marriott wird auch nicht gerauft."

Fußball interessiert den Fan-Beherberger übrigens nur in Maßen. "Früher war ich Rapid-Anhänger, heute bin ich Österreich-Fan." Wie Österreich abschneiden wird, wer Europameister wird? Swancar: "Ich lasse mich überraschen." (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.02.2008)