Kirkuk/Göttingen - Die Christen der irakischen Provinz Kirkuk haben sich zu einem überkonfessionellen Rat zusammengeschlossen, um die Interessen ihrer Glaubensgemeinschaft besser vertreten zu können. Dem Gremium gehören nach Informationen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vom Dienstag die chaldäische, die altapostolische, die assyrische, die syrisch-orthodoxe, die syrisch-katholische und die armenisch-orthodoxe Kirche an. Zu den zentralen Aufgaben des Rates gehört auch die Unterstützung der christlichen Flüchtlinge aus dem zentralen und südlichen Irak, wie GfbV-Nahost-Referent Kamal Sido mitteilte.

Der irakische Staatspräsident Jalal Talabani hatte in Gesprächen mit Repräsentanten der arabischen, kurdischen, turkmenischen und christlichen Volksgruppen in Kirkuk Anfang Februar zu einem friedlichen Miteinander und zur Kooperation aufgerufen. Bei der Gelegenheit hatte er den christlichen Kirchen nahe gelegt, sich zusammenzuschließen. Im Irak hat sich die Lage der Christen seit der US-Invasion 2003 und der Niederwerfung des Baath-Regimes von Saddam Hussein dramatisch verschlechtert. Dutzende Kirchen wurden niedergebrannt, viele Christen ermordet, Diskriminierung und Anfeindung sind an der Tagesordnung. Wer als Christ erkannt werde, sei oft Zielscheibe brutalster Verfolgung, wie Geistliche berichteten. Die Mehrheit der Christen in dem Zweistromland gehört zu der mit Rom unierten chaldäischen Kirche, deren Oberhaupt, der in Bagdad residierende Patriarch von Babylon, Emmanuel III. Delly, befürchtet, dass es noch innerhalb einer Generation keine Christen mehr im Irak geben wird.

Nach Artikel 140 der irakischen Verfassung soll eine - inzwischen bereits mehrmals verschobene - Volksabstimmung darüber durchgeführt werden, ob die ölreiche Provinz Kirkuk dem kurdischen Autonomiegebiet angeschlossen werden soll. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte davor gewarnt, dass es wegen des Kirkuk-Konflikts zu einem "sehr großen Bürgerkrieg" kommen könnte. Ankara befürchtet, dass eine kurdische Kontrolle über die Region um Kirkuk zur Entstehung eines auch wirtschaftlich lebensfähigen kurdischen Separatstaates führt. Die Kurden verfügen seit 1991 über ein de facto eigenständiges Gebiet innerhalb der irakischen Staatsgrenzen. In den Provinzen Arbil, Suleimaniya und Dohuk entstand unter westlichem Schutz eine kurdische Selbstverwaltung. Diese erhebt Anspruch auch auf Kirkuk. (APA)