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"Deeskalation, Dialog, Durchgreifen": Die Polizei will, trotz der Ausschreitungen am Sonntagabend, auch im "Problembezirk Ottakring" bei ihrer Sicherheitsstrategie für die EURO bleiben

Foto: APA/Oczeret
Wien – Auf der Straße liegen vereinzelt Glassplitter, drei Fenster des Espresso Alba sind eingeschlagen. Die Auslage ist mit Osternestern dekoriert – nur liegen neben den bunten Eiern seit Sonntagabend auch Glasscherben. Ansonsten sind Montag früh auf der Ottakringer Straße in Wien keine Spuren der Ausschreitungen rund um die Serben-Demonstration vom Vorabend zu finden.

"Scharfmacherei"

In der Politik haben die Krawalle, die eine Gruppe von rund 200 Menschen angezettelt hat, deutlichere Spuren hinterlassen. BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz fordert sogar, die Verantwortlichen abzuschieben. Konsequenzen verlangt auch die FPÖ. Sie fordert den Bezirksvorsteher von Ottakring, Franz Prokop (SPÖ) auf, zurückzutreten. Und möchte die Ottakringer Straße während der Fußball-Europameisterschaft sperren. Die SPÖ wiederum spricht von "Scharfmacherei" und wirft FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vor, durch einen offenen Brief an die Serben die Stimmung zusätzlich angeheizt zu haben.

Serbische Organisationen in Wien distanzierten sich am Montag von den Vorfällen. Darko Miloradovic von der Serbischen Gemeinschaft glaubt, dass "österreichische Politiker versuchen, die Spannungen für sich zu nutzen". Miloradovic sagt, die Ausschreitungen seien von "jugendlichen Extremisten spontan ausgelöst" worden.

"Geplante Aktion"

Dem widersprach am Montag ein Gast des Espresso Alba im Gespräch mit dem Standard. Er glaube, sagte der Mann, "dass die Aktion geplant war", denn das Lokal sei das "bekannteste albanische Lokal in Ottakring". Der Gast, der selbst Kosovo-Albaner ist, kritisiert, dass "zu wenige Polizisten im Einsatz waren".

Tatsächlich mehrten sich am Montag die Stimmen von Kritikern, die meinten, die Polizei habe knapp drei Monate vor Beginn der EURO die Sicherheitslage im multiethnischen "Problembezirk" Ottakring falsch eingeschätzt. Der Ausländeranteil beträgt 25,5 Prozent, ein Drittel der Migranten stammt aus Serbien und Montenegro. Migrationsexperte Bernhard Perchinig sieht freilich keinen direkten Zusammenhang zwischen hohem Ausländeranteil und den jüngsten Ausschreitungen. Die seien "anlassbezogen" gewesen und hätten in jedem anderen albanischen Lokal ebenfalls passieren können.

Polizei und Bezirksverantwortliche sehen keinen Grund, die Sicherheitsvorkehrungen für die EURO zu verschärfen. Zwar sind für Ottakring während der EURO-Spieltage mehr Sicherheitskräfte als sonst in Bereitschaft, aber an eine Sperre der Ottakringer Straße denkt Bezirksvorsteher Prokop vorerst nicht: "Was soll das bringen?" Man setze lieber auf das ursprüngliche EURO-Sicherheitskonzept: "Deeskalation, Dialog und Durchgreifen." (Elizabeth Assmann, Stefan Hayden, DER STANDARD Printausgabe, 26.2.2008)