Stefan Ruzowitzky, Jahrgang 1961, debütierte 1996 mit der rasanten Großstadttragikomödie "Tempo". Bereits sein zweiter Kinofilm, das schräge Bauerndrama "Die Siebtelbauern" (1998), brachte ihm international Anerkennung. Es folgten die Thriller "Anatomie 1 & 2" sowie die internationale Koproduktion "All The Queen's Men". "Die Fälscher" hatte 2007 bei der Berlinale Premiere. Derzeit dreht der Handwerker mit Hang zum Genrekino den Kinderfilm "Hexe Lilli".

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Mit Claus Philipp sprach er nach der Oscar-Verleihung über Desillusion in Stretchlimousinen, die Momente nach der Dankesrede, einen fulminanten US-Start und die größere Verantwortung, die Erfolg mit sich bringt.


"Besser geht's nicht". Nein, definitiv nicht. In einer ersten Pressekonferenz nach der Überreichung des Auslands-Oscars an Stefan Ruzowitzky und "Die Fälscher" schwärmte der österreichische Regisseur: Ein "Kindheitstraum" sei wahr geworden, es sei "das Beste, was einem Filmemacher passieren kann". Und glücklich fügte er hinzu, der Zusatz "Oscar-Gewinner" werde von nun an immer Teils seines Namens sein. Dem Standard gewährte er wenig später ein Interview.


Standard: Was ist die größte Diskrepanz zwischen der Oscar-Gala als TV-Event und als Live-Erlebnis?

Ruzowitzky: Die Stretchlimousinen sind eigentlich Sammeltaxis. Da wird man dann als 10-köpfiges Team wie wir hineingepfercht. Ziemlich unglamourös.

Und real wirkt das Kodak-Theater viel kleiner. Ich war überrascht von der fast privaten Atmosphäre. Es ist dann nur die Ahnung, dass da ein paar Fantastillionen Menschen an den TV-Geräten zuschauen, die einen nervös macht.

Standard: Was macht das Publikum vor Ort in den Werbepausen?

Ruzowitzky: Da gibt es "seat filler", quasi Komparsen, die sich auf den jeweiligen Platz setzen, wen einer in der Pause auf die Toilette oder was trinken geht. Sehr gut organisiert!

Standard: Sie wirkten schon vor der Preisverleihung sehr optimistisch. Hatten Sie schon Gerüchte gehört, die einen Sieg vermuten ließen.

Ruzowitzky: Ehrlich gesagt, ja. Aber das Wochenende war ja so schon erfolgreich genug. Die Fälscher kommen hier in den USA sehr gut an. Wir hatten jetzt zum Start den besten Kopienschnitt aller laufenden Filme: Ein Einspielergebnis von 12.500 Dollar pro Kopie.

Das ist der zweitbeste US-Start eines deutschsprachigen Films ever. Wir sind ja jetzt nur in Los Angeles und New York gestartet, und die guten Besucherzahlen bedeuten wohl, dass man den Film in den nächsten Wochen in Washington etc. in größeren Sälen starten wird.

Standard: Und wie läuft das dann ab, wenn man den Oscar entgegengenommen und die Dankesrede gehalten hat?

Ruzowitzky: Alles ganz professionell. Da gibt's dann noch eine Internet-Kamera hinter der Bühne, in die hinein man sich noch bei denen bedanken kann, auf die man in der Rede vergessen hat. Da fällt einem dann aber auch nichts ein.

Ich fand es übrigens ganz angenehm, dass diesmal auf den obligaten Dankesschwulst weitgehend verzichtet wurde. Offenkundig hat jeder und jede versucht, etwas Vernünftiges zu sagen.

Und dann halt: Photocall, Interviewraum, kurze Pressekonferenz ...

Standard: Wie verläuft die Kontaktaufnahme mit den vielen Stars, die dort rumlaufen?

Ruzowitzky (lacht): Ich hab' natürlich mit allen gleich die Adressen und sonstigen Daten ausgetauscht. Nein, Scherz beiseite, der Glamourfaktor ist bei dieser Veranstaltung eher niedrig bemessen.

Es ist wirklich harte PR-Arbeit, die man da absolviert. Und das ist ja auch okay und gut so.

Standard: Und wie sieht das jetzt angesichts der sicher üppiger hereinkommenden Aufträge oder Projektvorschläge an Sie aus. Müssen Sie jetzt eine neue Agentur engagieren?

Ruzowitzky: Nein, die, die mich jetzt betreut, ist schon groß genug. Was jetzt nur stärker ins Hintertreffen kommt: Man muss in einer gewissen Liga auf jeden Fall exakter planen, was man macht. Alles, was man macht, wird wesentlich genauer unter die Lupe genommen. Man hat gewissermaßen mehr Verantwortung für sich, sein Team und den jeweiligen Film.

Standard: Jetzt gerade klingt es ja fast lustig, wenn man sagt: Der kommende Film von Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky ist der Kinderfilm "Die Hexe Lilli"...

Ruzowitzky: Hey, ich hab nichts gegen Kinderkino. Aber es stimmt schon. Nach den Fälschern und ihrem Erfolg wäre in den Augen mancher Produzenten vielleicht ein anderes, "ähnlicheres" Nachfolgeprojekt attraktiver. Aber ich habe ja immer schon sehr Unterschiedliches gemacht.

Standard: Gibt es da schon konkrete Pläne - nach "Die Hexe Lilli"?

Ruzowitzky: Nein, noch nicht. Ich sondiere derzeit aber einiges an Material. Und es gab jetzt auch in Los Angeles schon ein paar Kontaktaufnahmen. Da kommt jetzt natürlich einiges zustande.

Standard: Heißt das, der nächste Film wird in Amerika gedreht?

Ruzowitzky: Es heißt zumindest, dass er in den USA geplant und vorbereitet werden könnte.

Standard: Ihre Dankesrede war angenehm lakonisch.

Ruzowitzky: Ja? (lacht) Freut mich, dass Sie sich zu Hause nicht für mich genieren mussten! (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.2.2008)