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Kurzer Prozess gegen "Raubritter" bei Berliner Attac-Demo: Nur das Haager Gericht könnte diese Völkerrechtsfrage klären.

Foto: AP/Tim Brakemeier
Zürich/Wien – Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) soll einen pädophilen liechtensteinischen Banker erpresst haben, um an die Kundendaten des Instituts zu kommen. Der Erpresste habe die Daten geliefert, außerdem hätten neben dem schon bisher bekannten BND-Informanten zwei weitere Personen Bankinformationen weitergegeben, berichtete die Schweizer Boulevardzeitung SonntagsBlick.

Da die vom ursprünglichen Informanten verkauften Daten nur bis 2002 reichten, hätten die Geheimdienstler mindestens sechs Angestellte liechtensteinischer Finanzinstitute "mit teilweise recht brutalen Methoden" zur Mitarbeit zu bewegen versucht, um an aktuellere Daten zu kommen.

Dabei sei "mit Hilfe von Profis aus dem einschlägigen Milieu" ein pädophiler Banker in eine Falle gelockt worden. Sein Hotelzimmer soll mit versteckten Kameras und Mikrofonen präpariert worden sein. Mit den Aufnahmen sei es "ein Leichtes" gewesen, die Daten zu bekommen. Der BND habe der Zeitung dazu keine Auskünfte gegeben, auch die Deutsche Presseagentur (dpa) erhielt dazu am Sonntag keine Stellungnahme des Geheimdienstes.

"Das Fürstentum Liechtenstein müsste einen Völkerrechtsprozess anstrengen, um zu klären, ob die deutschen Behörden Völkerrecht verletzt haben", als sie sich liechtensteinische Bankdaten mit deutscher Geheimdiensthilfe beschafften, erklärte der Linzer Völkerrechtsprofessor Manfred Rotter dem STANDARD.

Wäre er Rechtsberater, dann würde er Liechtenstein raten, "die Sache rechtlich zu verbellen", also Deutschland eine Protestnote wegen Verletzung der Souveränität durch deutsche Staatsorgane zu übergeben und sich weitere Schritte und Schadenersatz vorbehalten. "Das verhindert, dass es später heißt, das Fürstentum hat sich verschwiegen." Würde Deutschland nicht reagieren oder käme es zu keiner Einigung, könnte die Geschichte beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag geklärt werden, sagte Rotter.

Aus rechtlicher Sicht sei das Kernproblem "Unterschiedliche Kulturen im Umgang mit Steuerbetrug", "darum sind Steuervergehen in der Regel von Amtshilfe ausgeklammert", erklärte Rotter. Reziprozität der Gesetzeslage – also dass ein Delikt in beiden Staaten strafrechtlich relevant ist – sei bei Amtshilfe und Auslieferungen meist Voraussetzung. In solchen Fällen würde Liechtenstein auch Amtshilfe leisten, sagte Rotter und erinnerte an einen österreichischen Fall der 80er-Jahre. Damals leistete Liechtenstein Amtshilfe bei der Öffnung von Bankkonten im Betrugsfall Intertrading, was später zur Verurteilung des damaligen Geschäftsführers Gernot Preschern führte. Rotter: "Allerdings hat Österreich wegen Betrugs um Amtshilfe ersucht, was auch in Liechtenstein strafbar ist, und nicht wegen Steuerhinterziehung." (dpa, spu, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.02.2008)