Graz - "Wir sind noch lange nicht soweit zu unterschreiben", umrissen die Grazer Grünen am Freitagnachmittag ihre Zwischenbilanz über die seit drei Wochen laufenden Verhandlungen mit der ÖVP nach der Gemeinderatswahl. Auch wenn es so dargestellt werde, dass alles super laufe, so Spitzenkandidatin Lisa Rücker: "Es gibt ein gutes Gesprächsklima, ja, aber es ist zäh." Als Knackpunkte nannte Rücker Finanzierungsfragen im Verkehr sowie das beim Bahnhof geplante Einkaufszentrum ECE.

Man habe es mit einer ÖVP zu tun, die in den vergangenen Jahren "einen sehr konservativen Kurs gefahren ist und massiv nach rechts gerückt ist". Dafür sei auch Bürgermeister Siegfried Nagl als Person verantwortlich. Die Volkspartei werde zeigen müssen, dass sie so ein Kurs nicht weiter einschlage, "mit uns wird sie den jedenfalls nicht fahren können", sagte Rücker. Die Veränderung wolle man in allen Details spüren.

Kurswechsel

Hinsichtlich Verkehr sei man sich zwar einig, dass ein deutlicher Kurswechsel stattfinden müsse, aber es spieße sich bei der Finanzierung von Maßnahmen, die lenkend in den Autoverkehr eingreifen sollen. "Die ÖVP muss gemeinsam mit uns beim Land Steiermark die Einführung einer Nahverkehrserregerabgabe einfordern", so Rücker zu den Grünen Bedingungen für eine Koalitionsvereinbarung. Zum ECE meinten Rücker und Gemeinderätin Sigi Binder betrifft, man habe Flexibilität bewiesen und stelle es nicht grundsätzlich in Frage. Allerdings sei es in der vorliegenden Form zu groß dimensioniert, eine Reduktion der Verkaufsfläche von 60.000 auf 40.000 Quadratmeter müsse erfolgen, ebenso ein Reduktion der geplanten Stellplätze von rund 1.300 auf 500. Parallel dazu müsse die Annenstraße massiv verkehrsentlastet und zur Flaniermeile aufgewertet werden. Eine eventuelle Stellplatzabgabe dürfe nicht nur auf die Landeshauptstadt beschränkt sein, sie müsse auch den Großraum umfassen.

Im Bereich der Menschenrechte pochen die Grünen auf die Umsetzung des im Wahlkampf vereinbarten Fairnessabkommens. "Demnach wollen wir eine Reduktion der Parteienförderung für jene Fraktionen, die das Abkommen und die Richtlinien der Menschenrechtsstadt verletzt haben, wie die FPÖ und das BZÖ", so Rücker.

Man müsse nächste Woche in der Finanzierung etwa der Verkehrsmaßnahmen mit dem Land grundsätzlich einig sein, ein Kurswechsel hier müsse langfristig halten. Sie, Rücker, sehe bei einer Verkehrslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder (VP) mit deren S-Bahn-Ambitionen gute Chancen: "Edlinger-Ploder weiß, dass die Feinstaubfrage und die Verkehrsmisere auch und vor allem in Graz gelöst werden muss", so die Grünen.

Eine Koalition mit der ÖVP sei kein Muss: "Dass der Volkspartei unser Programm gefällt, ist uns zu wenig," sagte Rücker. Es gebe auch ein Leben außerhalb einer Koalition mit der ÖVP. Binder: "Der Volkspartei ist klar, dass es nur einen attraktiven Partner gibt. Rot und Schwarz haben abgewirtschaftet, das will niemand mehr." (APA)