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Christine Ockrent: Die französische Mediengewerkschaft SDJ läuft Sturm gegen ihre Ernennung.

Foto: Getty Images/Francois Durand
Die Pariser Medien standen noch nie im Ruf übertriebener Unabhängigkeit von der Politik. Gewiss sind die Zeiten vorbei, als der Innenminister das Inhaltsverzeichnis der Abendnachrichten täglich auf seinem Bürotisch vorfand. Aber nach wie vor wählt weiterhin der Staatspräsident jene TV-Journalisten aus, die ihn persönlich interviewen dürfen.

Nun geht es aber nicht nur um die Ausgrenzung kritischer Journalisten, sondern um Freunderlwirtschaft an der Spitze des französischen Auslandsrundfunks. Dieser wird aus den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern TV5-Monde und France-24 sowie aus Radio France Internationale (RFI) gebildet. Diese drei Sender werden nun auf Betreiben von Präsident Nicolas Sarkozy zu einer gemeinsamen Holding namens France Monde zusammengelegt. Allein schon der Umstand, dass der Staatschef persönlich diesen Entscheid fällte, sorgte in Paris für einigen Unmut.

Am Mittwoch ging Sarkozy aber noch einen Schritt weiter und ernannte mit der Person von Christine Ockrent auch gleich die Generaldirektorin dieser ins Ausland ausgestrahlten Programme. Die bekannte 63-jährige Journalistin ist fachlich unbestritten. Sie kennt Sarkozy bestens: Neben Carla Bruni gehörte sie zu den wenigen Privatgästen, die zu Weihnachten zur groß inszenierten Ägypten-Reise des Präsidenten geladen waren. Aber vor allem ist Ockrent seit Jahrzehnten die Lebensgefährtin von Bernard Kouchner, dem Außenminister Frankreichs.

Dies führt nun selbst in Paris zu einem Aufschrei der Empörung. Die Mediengewerkschaft SDJ protestierte am Donnerstag, Interessenkonflikte seien damit programmiert. Eine Vertreterin erklärte, der französische Auslandsrundfunk werde unter Ockrent „his master’s voice“, also die Stimme des Meisters: „Das wäre, wie wenn der Freund von Condoleezza Rice Voice of America leiten würde.“ Sarkozy baut damit seine Medienkontrolle weiter aus und greift immer direkter in die medialen Abläufe ein.

Dabei bemühte sich der relativ junge Sender France-24 – der CNN zum Vorbild hat und neben französischen auch englische Programme sendet – seit seiner Schaffung durch Ex-Präsident Jacques Chirac um eine objektive Berichterstattung. RFI informierte in den vergangenen Jahren über zahlreiche Verwicklungen der französischen Außenpolitik in seinen westafrikanischen Ex-Kolonien. So auch im Tschad, wo die französische Diplomatie unter Kouchner kräftig mitmischt. Ob RFI unter Ockrent weiterhin Licht in dieses wenig transparente Vorgehen bringt, ist zumindest fraglich. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 22.2.2008)