Paris/Kopenhagen/Rom - Der angekündigte Rückzug des kubanischen Staatschefs Fidel Castro war auch Donnerstag Thema von internationalen Pressekommentaren:

  • "Le Monde" (Paris)

    "Der kubanischen Revolution geht es wie allen Revolutionen. Sie hat ihre eigenen Kinder verschlungen. Manche wurden Opfer der Unterdrückung, andere sind geflohen oder haben sich in ein inneres Exil zurückgezogen. Jene, die an der Macht geblieben sind, haben sich auf die Polizei, die Armee, die Einheitspartei gestützt. Sie haben aus Kuba die letzte Bastion des Kommunismus gemacht, der überall anderswo in der Welt zerfallen ist.

    Der Rückzug von Fidel Castro wird die Lage nicht sofort ändern. Es ist wahrscheinlich, dass sein Nachfolger vor Reformen, selbst winzigen, zurückschreckt, weil er keine Schleusen im System öffnen will. Doch angesichts der Ungeduld einer Jugend, die schon lange nicht mehr an Mythen glaubt, könnten die Dämme brechen."

  • "Politiken" (Kopenhagen)

    "Fidel Castro soll keinen Undank dafür ernten, dass er nun endlich Kuba den Gefallen erweist, sich von seiner Macht als Alleinherrscher zurückzuziehen. Und zwar ganz. Der Schritt kommt keine Sekunde zu früh. Bei Licht betrachtet könnte Castros Abgang eigentlich Schule machen und andere Machthaber zur Nachahmung inspirieren. Robert Mugabe in Simbabwe, Mwai Kibaki in Kenia, Kim Jong Il in Nordkorea, Ben Ali in Tunesien, Alexander Lukaschenko in Weißrussland und Baschar al-Assad in Syrien sollten dem Dasein als Rentner eine Chance geben.

    Das politische Problem besteht nicht in ihrem Alter, sondern in ihrer Form von Machtanwendung, Unterdrückung und Korruption. Aus unerfindlichen Gründen sind diese politischen Fossilien von verblüffendem internationalen Langmut umgeben. Im Falle Castros beherrscht der nun auch seinen Nachruf. Reformen auf Kuba bräuchten Zeit, heißt es, niemand dürfe zu viel erwarten. Warum eigentlich nicht?"

  • "La Stampa" (Rom)

    "Auf der Straße von (Fidel Castros Bruder und Nachfolger) Raul liegt nicht nur Washington. Vor ihm liegt auch das Gespenst der Opposition. Im Inneren des Landes zählt diese nur wenig (...). Die Opposition befindet sich vor allem draußen, im Exil, überwiegend in Miami. Und hier ist es interessant festzustellen, dass es neben der traditionellen Unnachgiebigkeit der 'Gusanos' (Würmer - wie Fidel Castro die Exilanten nennt), die die beiden Castros in Einzelteile zerlegt und gehängt wissen möchten, auch eine neue Generation von Exilanten gibt.

    Diese ist besser in das Leben in den USA integriert und leichter bereit dazu, sich einen friedlichen Übergang durch Verhandlungen und ohne Blutvergießen und Volksaufstände vorzustellen. Und vor allem auf diese schaut der alte Kommunist, der sein Land für das chinesische Model öffnen möchte."

  • (APA)