Foto: Axel Zeininger
Ehre im 19. Jahrhundert: Während sich Verdi im Falstaff bereits über sie lustig macht, geht es bei Mascagnis Cavalleria rusticana und Leoncavallos Pagliacci dabei noch um Leben und Tod. Wird der ohnehin schwere Opernstoff dazu noch in einer naturalistischen und gestisch recht pathetisch aufgeladenen Inszenierung gezeigt - es war die 83. bzw. 86. Aufführung in der Inszenierung von Ponnelle an der Wiener Staatsoper -, dann wird das Spiel auf der Bühne schnell unglaubwürdig, was bei Leoncavallos Doppelbödigkeit zwischen Realität und Bühnenwelt zudem viele szenische Chancen ungenützt lässt. Der stimmliche Wettstreit, der bei der Werkkombination zwangsweise auftritt, ging dabei klar zugunsten von Mascagni aus. Peter Seiffert als Turiddo und Alberto Mastromarino als Alfio traten als stimmlich ebenbürtige Gegner an, die mit Abstand stärkste Bühnenpräsenz hatte jedoch Georgina Lukács in der Rolle der Santuzza. Das von Marco Armiliato mit viel Verve geleitete Staatsopernorchester schuf die nötigen musikalischen Glutnester - eine Hitze, der José Cura als Canio im Pagliacci eine enorme Strahlkraft in der Höhe entgegensetzte, wobei er in der Mittellage jedoch etwas bedeckt blieb. Die stimmliche Gewinnerin in Leoncavallos auskomponiertem Amoklauf war Tamar Iveri als Nedda. Keck, voller Spiellust und mit leichter Stimme stolzierte sie durch die so grausam-zynische Bühnenwelt, wo Begehren mit Liebe verwechselt wird. Der Ehre wegen. (spou, DER STANDARD/Printausgabe, 19.02.2008)