Zwei von drei Passivhäusern sind Ein- oder Zweifamilienhäuser (Bild: Einfamilienhaus Proyer in Steyr).

Foto: IG Passivhaus

Grafik: Abstufung der Förderung nach Energieeffizienzkriterien mit Basisförderung für den Neubau von Eigenheimen in Österreich.
(Quelle: IG Passivhaus)

Grafik: IG Passivhaus

Grafik: Abstufung der Förderung nach Energieeffizienzkriterien ohne Basisförderung für den Neubau von Eigenheimen in Österreich.
(Quelle: IG Passivhaus)

Grafik: IG Passivhaus

Das "Wirtschaftszentrum Niederösterreich" in St. Pölten wird am Mittwoch (20. Februar 2008) feierlich eröffnet. Es bildete den Grundstein für die verpflichtende Einführung des Passivhaus-Standards für Landesbauten in Niederösterreich.

Foto: IG Passivhaus/Lang
Das Passivhaus macht Karriere - jetzt auch international: Das EU-Parlament forderte die Brüsseler Kommission im Jänner in einem Initiativbericht dazu auf, folgende verbindliche Bestimmung vorzuschlagen: Alle neuen Gebäude, die Heizung und/oder Kühlung benötigen, sollen ab 2011 nach Normen für Passivhäuser gebaut werden (siehe Wissen ).

Österreich darf sich dabei getrost als das Land der Passivhaus-Pioniere bezeichnen: In der Alpenrepublik stehen derzeit knapp 3000 Passivhäuser, Schätzungen sprechen von 11.800 Stück bis zum Jahr 2010. Die Gesamtnutzfläche aller Passivhäuser in Österreich hat sich zuletzt von Jahr zu Jahr stets mehr als verdoppelt.

Die Pionierphase ist vorbei

Kein Zweifel: Nach einem eher schleppenden Beginn in der "Pionierphase" ist das Passivhaus nun dabei, sich als Standard zu etablieren. Und das ist auch dringend notwendig, sind doch im Wohnbereich die größten Einsparungen an CO2-Emissionen zu erreichen.

Fast jede zweite neu errichtete Wohneinheit wird in Österreich als Eigenheim (freistehendes Einfamilienhaus, Reihenhaus, Doppelhaus) errichtet, nämlich 47 Prozent. Nach Gebäuden betrachtet, machen diese sogar 76 Prozent aller Wohngebäude aus.

Aus energetischer Sicht haben Eigenheime allerdings eine fast doppelt so große Nutzheizfläche wie Wohnungen im großvolumigen Wohnbau, wegen der Zersiedelung sind Eigenheim-Bewohner darüber hinaus für mehr Verkehrsemissionen als die Bewohner von Wohnbauten verantwortlich.

Trotzdem dürfen Eigenheime gemäß den Wohnbauförderungen der Bundesländer immer noch einen wesentlich höheren Heizwärmebedarf aufweisen als großvolumige Bauten. Für die IG Passivhaus ist es deshalb "unabdingbar, dass die Förderregulierungen für Eigenheime ihrer Verantwortung als Lenkungsinstrument zur Reduzierung von CO2-Emissionen nachkommen".

"Kein zeitgemäßer Heizwärmebedarf"

Die Anforderungen an den Heizwärmebedarf bei Neubau von Wohngebäuden wurden mit Umsetzung der Richtlinie 6 des Österreichischen Instituts für Bautechnik (OIB) in den Ländern per Jahresbeginn bundesweit harmonisiert. Demnach ist derzeit ein maximaler Heizwärmebearf von 78 kWh/m²/Jahr erlaubt (per 1.1.2010 sinkt dieser Wert auf 66,5 kWh/m²/Jahr). Dies sei das 8-fache des Passivhaus-Standards und schlicht "nicht zeitgemäß", kritisiert die IG Passivhaus, die zuvor mit vielen anderen Organisationen gemeinsam eine Initiative gestartet hatte, um die Bundesländer von der Sinnhaftigkeit einer sofortigen restriktiveren Festsetzung dieser Grenzwerte zu überzeugen.

Lediglich zwei Bundesländer folgten dieser Empfehlung "vorbildlich", nämlich Vorarlberg und Burgenland, wo schon jetzt ein Mindeststandard von 55 kWh/m²/Jahr gilt.

Osten und Westen "vorbildlich"

Auch die neuen Wohnbauförder-Richtlinien im Burgenland lobt die Passivhaus-Lobby ausdrücklich als "richtungsweisend", in Österreichs östlichstem Bundesland darf ein Eigenheim für den Erhalt der Basisförderung nämlich nur noch maximal 40 KWh/m²/Jahr an Heizwärmebedarf aufweisen. Wegen der mit verbesserter Energieeffizienz progressiv ansteigenden Förderhöhe biete das Burgenland auch die attraktivsten Anreize für das Erreichen der Passivhausqualität (siehe Grafiken).

Vorarlberg hat laut IG Passivhaus die zweitattraktivste Passivhaus-Eigenheimförderung, im großvolumigen Wohnbau ist das westlichste Bundesland bei den Lenkungsmaßnahmen sogar führend. Wohnbauten dürfen hier nur noch als Passivhäuser gebaut werden, Sanierungen müssen auf unter 30 KWh/m²/Jahr verbessert werden.

"Eurogate" und Unipark

Auch im großvolumigen Wohnbau ist das Passivhaus gut unterwegs. Die Stadt Wien setzt mit dem Bauträgerwettbewerb "Eurogate" – ein neues Stadtviertel in Passivhausstandard im 3. Bezirk – neue Maßstäbe; vor allem wegen dieses Großprojekts dürfte der Passivhausanteil im Wiener Wohnungsneubau heuer von drei Prozent (2006) auf 20 Prozent ansteigen (Baubeginn ist im Sommer).

In mehreren Landeshauptstädten sind weitere Passivhaus-Wohnbauten in Entstehung, etwa am Innsbrucker Lodenareal oder am Salzburger Unipark Nonntal. In Linz sind vier Passivhaus-Wohnhochhäuser geplant, nun aber politisch umstritten (siehe Artikel).

Vorbildwirkung

Und zunehmend werden sich die Länder auch der Vorbildwirkung öffentlicher Bauten bewusst. Niederösterreich hat etwa mit dem Pflichtenheft "Energieeffizienz" für seine Landesbauten den Passivhausstandard für neue Landesbauten verpflichtend eingeführt. Zahlreiche Neubau- und Sanierungsprojekte von Schulen, Kindergärten und anderen Gemeindebauten befinden sich bereits in Bau oder in Planung.

In Oberösterreich sollen künftig 30 Prozent der künftigen Mineralölsteuer-Einnahmen für Schulsanierungen auf Passivhaus-Standard verwendet werden. Nach dem Pilotprojekt in Schwanenstadt (siehe "Nachlese") sind nun bereits weitere Sanierungen in Wallern, Weyer, Kirchdorf, Linz und Urfahr in Planung, berichtet die IG Passivhaus.

"Bis 2015 selbstverständlich"

Zahlreiche andere Initiativen in mehreren europäischen Ländern lassen die österreichischen Passivhaus-Pioniere zuversichtlich in die (nahe) Zukunft blicken: Bis 2015, so meint man, werde das Passivhaus in Europa "völlig selbstverständlich", in zwölf Jahren auch in anderen Weltregionen fest etabliert sein.

Die eingangs erwähnte Initiative des EU-Parlaments mag in diese Richtung wirken, auch abseits davon wurden aber in einigen EU-Staaten in jüngster Vergangenheit neue Regelungen beschlossen. In Belgien etwa gibt es neue Zuschüsse (bis maximal 15.000 Euro) und Steuererleichterungen, in Großbritannien sind ab 2016 laut einem Regierungsbeschluss nur noch "Zero Carbon Homes" bei Neubauten zuzulassen - der gesamte Energiehaushalt eines Gebäudes darf dann also in Summe überhaupt keine CO2-Emissionen mehr verursachen. (map, derStandard.at, 18.2.2008)