Cover: Eichborn
Als Inspektor Hannes Jensen die letzten Tage vor seiner Frühpension im Büro absitzt, passiert etwas Seltsames. Ein betrunkener Amerikaner mit zehnjährigen Zwillingssöhnen im Schlepptau behauptet, bedroht worden zu sein. Jensen nimmt das nicht ernst, beschließt aber, das Wohl der Kinder im Auge zu behalten, war er doch selbst als Kind einer alkoholkranken Mutter ausgeliefert und kämpft mit seinen finsteren Erinnerungen. Am nächsten Tag ist der Amerikaner eines rätselhaften Todes gestorben, und die Zwillinge sind verschwunden. Jensen hat das Gefühl, sich nicht genug um die Kinder gekümmert zu haben, und beschließt, sie zu suchen. Da kommt ihm eine geheimnisvolle Blinde in die Quere. Sie will Jensen begleiten und setzt ihre rigorosen Vorstellungen auch durch. Die Spuren in den USA weisen einmal mehr auf ein mysteriöses Kindermädchen hin, das die Kleinen angeblich mit sich genommen hat. Es soll sich um eine Heilerin handeln, die in einem Bergdorf lebt, aber der pensionierte Polizist und die herrische Blinde sind nicht die Einzigen, die dorthin wollen. Linus Reichlin ist ein einprägsamer Erzähler. Er stattet seinen Ermittler mit einem exzentrischen Hobby aus: Jensen ist fasziniert von der Quantenphysik. Reflexionen über Ordnung und Unordnung des Universums, das Doppelspaltexperiment, Elektronen und Atome, Anziehung und Abstoßung ergeben Parallelen zum menschlichen Verhalten und sind spannend zu lesen. Vielleicht rafft sich Reichlin ja einmal zu einem Sachbuch auf: Er könnte Generationen von Physikmuffeln bekehren. (Ingeborg Sperl, ALBUM/DER STANDARD, 16./17.02.2008)