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Im Hof der Polizeiwache: Etwa 100 Menschen werden als Kollaborateure der Rebellen verdächtigt und gefangen gehalten.

Foto: Reuters/Stephanie Hancock
Nairobi/N'Djamena - Fast zwei Wochen nach der gescheiterten Rebellenoffensive gegen Tschads Hauptstadt N'Djamena hat die Regierung von Idriss Déby ein unverändert hartes Durchgreifen gegen ihre Kritiker angekündigt. "Wir werden weiter Haus für Haus nach Rebellen durchsuchen", erklärte Innenminister Mahamat Achmat Baschir. Von Terrorisierung sprechen viele Bewohner der betroffenen Stadtteile N'Djamenas, die als Oppositionshochburgen gelten. Die Regierung wolle zeigen, wer der Herr im Tschad sei.

Dazu passte auch die Vorführung von mehr als 100 Gefangenen, zu der Baschir in N'Djamena Journalisten lud. "Das sind Kämpfer der islamischen Legion, von Al-Kaida oder schlicht und einfach Söldner", herrschte der Minister die Männer an, die in einem stinkenden, kleinen Hof hinter N'Djamenas Polizeiwache zusammengepfercht waren. Fast die Hälfte der Verhafteten seien zudem Sudanesen. "Und auch die anderen sind keine echten Tschader, sondern Söldner, die sich an Khartum verkauft haben.

Sudans Präsident hat sie bezahlt, um den Tschad zu destabilisieren" Die Journalisten, die bei der skurrilen Vorführung zu Gast waren, beschrieben die meisten der Verhafteten als eingeschüchtert - die Mehrheit sei zudem eindeutig minderjährig. Doch darauf angesprochen, gab sich Baschir unnachgiebig: Jugendliche würden wie Erwachsene als Kriegsverbrecher behandelt. "Das sind schließlich keine Kindersoldaten, sondern Kindersöldner."

Angesichts der aggressiven Haltung gegenüber dem Sudan blieb in der Grenzregion zwischen dem Osten Tschads und dem Westen Darfurs die Angst vor neuen Kämpfen groß. Erst am Wochenende hatte die sudanesische Armee drei Dörfer in Darfur aus der Luft bombardiert. Kurz darauf griffen die mit Khartum verbündeten Janjaweed-Milizen die Dörfer am Boden an und brannten sie weitgehend nieder. Zehntausende Bewohner, so schätzen die UN, flohen, mindestens 12.000 über die Grenze in den Tschad. Vertriebene in einem der größten Flüchtlingslager Darfurs nahe der Stadt El Geneina kündigten am Donnerstag an, drei Tage gegen die verzögerte Entsendung der Schutztruppen auf beiden Seiten der Grenze zu protestieren.

Neues Flüchtlingscamp

Der von den Flüchtlingen gewählten Sprecher, Hussein Abu Sharati, berichtete, die sudanesische Regierung versorge die arabischen Janjaweed-Milizen derzeit aus der Luft mit neuen Waffen und Munition. "Wir fürchten baldige neue Angriffe", so Abu Sharati. Tschads Regierung warf er vor, den Flüchtlingen keine Zuflucht mehr bieten zu wollen. Der tschadische Premier Nouradin Koumakoye hatte am Montag erklärt, die Darfur-Flüchtlinge sollten den Tschad verlassen. "Wir erwarten, dass die internationale Gemeinschaft uns von diesen Menschen befreit, sonst tun wir es selbst." Doch die UN bereiteten am Donnerstag bereits ein neues Camp für 50.000 Personen im Norden der Zentralafrikanischen Republik für Flüchtlinge aus Darfur und dem Tschad vor. (Marc Engelhardt/DER STANDARD, Printausgabe, 15.2.2008)