Berlin/Wien - Die Razzia beim deutschen Postchef Klaus Zumwinkel hat das verschwiegene Stiftungswesen in Liechtenstein wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt: Das Liechtenstein preist auf seiner offiziellen Internetseite zwar seine "reiche und vielfältige" Küche, international ist der Kleinstaat jedoch weniger als Schlemmer- denn als Finanzparadies bekannt. Gründe sind außer niedrigen Steuersätzen vor allem ein besonderes Stiftungsrecht und ein striktes Bankgeheimnis.

Stiftungen: Anders als in Deutschland, wo Stiftungen einem festgelegten gemeinnützigen Zweck dienen, erlaubt das Liechtensteiner Recht dem Gründer einer Stiftung, sich selbst oder Angehörige zu begünstigen. Die Steuersätze für Stiftungen sind in Liechtenstein gering. Sie sind von Vermögen-, Erwerb- sowie Ertragsteuer befreit. Lediglich eine jährliche Kapitalsteuer muss gezahlt werden. Sie beträgt 0,1 Prozent des eingezahlten Kapitals, mindestens jedoch 1.000 Schweizer Franken (621 Euro) im Jahr. Bei einem Kapital von mehr als zwei Mio. Schweizer Franken oder mehr als zehn Mio. Schweizer Franken ermäßigt sich der Steuersatz auf 0,075 beziehungsweise 0,05 Prozent.

Verschleierung: Solange die in Liechtenstein gewonnenen Zinsen in Deutschland in der Steuererklärung angegeben werden, droht kein Ärger mit dem Fiskus. Damit das Geld von den deutschen Finanzbehörden unentdeckt bleibt, versehen laut Deutscher Steuergewerkschaft viele Steuerhinterzieher die Stiftung mit einem Namen, der nicht auf den Gründer schließen lässt, und vertrauen die Verwaltung einem Treuhänder an. Nach Schätzungen der Gewerkschaft haben auf dem 25 Kilometer langen und halb so breiten Gebiet Liechtensteins rund 80.000 Briefkastenfirmen, darunter viele Stiftungen, ihren offiziellen Sitz. Um die Spuren vor den deutschen Steuerfahndern noch weiter zu verwischen, kann das Stiftungskapital auf einem Schweizer Konto angelegt werden.

Bankgeheimnis: Im Gegensatz zu Deutschland gilt in der Schweiz und ganz besonders in Liechtenstein ein strenges Bankgeheimnis. Dies sei im Fürstentum Liechtenstein "Grundhaltung und Tradition", teilt das Land auf seiner Internetseite mit. Auskünfte über Konten lehnen die Geldinstitute in Liechtenstein auch gegenüber ausländischen Steuerfahndern strikt ab.

Einen vielsagenden Blick auf die Stiftungs-Welt von Liechtenstein hatte im BAWAG-Prozess ein prominenter Liechtensteinischer Treuhänder gegeben: In knapp zwei Stunden funktioniere auf Wunsch eine Stiftungseinrichtung in dem Land, mitsamt Bankkonto und Stiftungsorganen. Bei den dortigen Treuhandkanzleien könne man Stiftungen de facto "von der Stange" kaufen. (APA)