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Klaus Zumwinkel (Mitte) soll Millionenbeträge ins Ausland geschleust haben.

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Am späten Vormittag wurde Zumwinkels Villa abgesperrt.

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Bonn/Köln - Am Donnerstag kurz vor sieben Uhr war die Welt noch in Ordnung für Klaus Zumwinkel, den Chef der Deutschen Post. Doch dann klingelten die Steuerfahnder an der Villentür des deutschen Top-Managers.

Es dauerte lange, bis sich die Türe öffnet, und als die Beamten dann in Zumwinkels Anwesen waren, dort eine Razzia durchführten und den Hausherren befragten, kamen sie so schnell nicht wieder heraus. Zeitgleich wurde auch Zumwinkels Büro in Bonn durchsucht. Langsam sickerte durch, warum diese Razzien stattfanden: Der Post-Chef, der ein Jahresgehalt von rund vier Millionen Euro bezieht, soll laut Staatsanwaltschaft Bochum eine Million Euro an Steuern hinterzogen haben - über Stiftungen in Liechtenstein.

Lange an der Sache dran

Deutsche Medien berichteten, dass Zumwinkel dies schon seit zwei Jahrzehnten getan haben soll, die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass sie schon monatelang an der Sache dran ist.

Angeblich soll Zumwinkel zuletzt geplant haben, sein Vermögen aus Liechtenstein nach Asien oder auf die Cayman-Inseln zu verlagern.

Gegen Mittag gab es Bewegung in Köln. Die Polizei sperrte Zumwinkels Haus weiträumig ab. Am Nachmittag führten Steuerfahnder den 64-jährigen Topmanager ab. Vorsorglich hatten sich die Ermittler einen Haftbefehl besorgt, doch dieser wurde dann außer Vollzug gesetzt, weil sich der Postchef in seiner Vernehmung zur Kooperation bereit zeigte und eine Kaution in namhafter Höhe hinterlegte.

Der "Kronprinz" übernimmt

Von der Konzernspitze der Deutschen Post gab es zunächst keine Stellungnahme. Die Leitung des Konzerns übernehme Frank Appel (46), schrieb die Online-Ausgabe der Financial Times Deutschland . Er ist seit 2002 Logistik-Vorstand der Post und sollte Zumwinkel ohnehin nachfolgen. Geplant war dies allerdings erst im Herbst 2008. Zu diesem Zeitpunkt läuft Zumwinkels Vertrag aus, und dieser selbst wollte im Sommer 2008 konkrete Angaben über seine Zukunft machen.

Die Deutsche Post wies die Gerüchte über den Rücktritt Zumwinkels vorerst zurück. "Wir dementieren, dass Herr Zumwinkel zurückgetreten ist", erklärte eine Unternehmenssprecherin am Donnerstagnachmittag.

"Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wäre er als Vorstandsvorsitzender nicht mehr tragbar", kommentierte ein Börsianer das Geschehen. Ein möglicher Abgang des Managers wird vom Markt aber nicht negativ gesehen. Die Aktie des gelben Riesen legte um über vier Prozent zu, konnte das Plus halten und war damit größter Gewinner im Dax.

Auslaufmodell

Zumwinkel gilt, bei all seinen Verdiensten um die Privatisierung des Ex-Staatskonzerns, als Auslaufmodell - nicht alleine aufgrund seines Alters und seiner Absicht, in Pension zu gehen, sondern auch, weil die Post in den USA hohe Verluste macht. Dort scheiterten die Deutschen auf dem Paketmarkt in einer Weise, die deutsche Analysten an das desaströse, aber beendete Engagement von Daimler an Chrysler erinnerte.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wollte sich am Donnerstag nicht zu den Vorwürfen äußern. Der Bund ist ja größter Einzelaktionär des Konzerns. Doch in der SPD wurde bereits Kritik laut. Es gelte natürlich die Unschuldsvermutung, sagt deren wirtschaftspolitischer Sprecher, Rainer Wend. Aber: "Wenn sich der Verdacht bewahrheitet, ist Klaus Zumwinkel keine Minute länger im Amt zu ertragen." Die Linkspartei fordert jetzt schon seinen Rücktritt.

Die Deutsche Post ist mit 520.000 Beschäftigten einer der größten Konzerne der Welt. 60 Prozent des Umsatzes von 60,5 Mrd. Euro (2006) werden außerhalb von Deutschland erwirtschaftet, 22 Prozent mit dem Brief-, 20 Prozent mit dem Expressgeschäft, 39 Prozent mit Logistik, 16 Prozent mit Finanzdienstleistungen.

Die deutsche Steuergewerkschaft schätzt, dass in Deutschland jährlich 30 Mrd. Euro an Steuern hinterzogen werden. (bau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.2.2008)