Ansichtssache: Gerichtszeichnungen von Oliver Schopf

Gerichtszeichnung: Oliver Schopf
Im Bawag-Prozess führte der Staatsanwalt die Ähnlichkeit von Nakowitz-Protokollen und Flöttls "Geständnis" vor - sowie Ex-Vorstand Zwettler, der 1995 einen Aufsichtsrat hatte, "dem ich Derivative nicht erklären hätte können".

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Wien - Am 66. Tag des Bawag-Prozesses durfte man Ex-Bawag-Vorstand Peter Nakowitz und Wolfgang Flöttl beim Telefonieren zuhören. Mit Zeitnehmung durch die Sonderkommission Bawag bekam man ein von Flöttl aufgezeichnetes Gespräch von Dezember 2000 vorgeführt (2 Minuten 26 mit Wählen, 1 Minute 56 Netto-Gesprächszeit), in dem es um die Beendigung der Bawag-Geschäfte ging. Flöttl will damit beweisen, dass er zu Entnahmen befugt war, Nakowitz kann sich an das Telefonat aber "gar nicht erinnern", wie er meinte. Und: "Es war wenig aufregend."

Sehr aufgeregt reagierte er selbst, als ihn Staatsanwalt Georg Krakow im Rahmen des "heutigen, sehr gemischten Programms, aber es ist ja Faschingsdienstag" (Richterin Claudia Bandion-Ortner) mit dem "Flöttl-Geständnis" befasste. Es vielmehr in seine Einzelteile zerlegte und auf Punkt, Bei-, Binde- und vor allem Gedankenstrich sezierte. Kurz zur Erklärung: Die Ex-Banker berufen sich darauf, Flöttl habe zugegeben, vereinbarungswidrig investiert und alles verloren zu haben. Er selbst sagt dazu, er habe auf Druck unterschrieben, wann, wo und von wem das Schreiben verfasst wurde, ist strittig.

Krakow zählte divergierende Aussagen von Nakowitz und Helmut Elsner auf, verglich sodann von Nakowitz getippte Sondervorstandsprotokolle mit dem "Geständnis" des Jahres 2000. Seine Diagnose: "Viele Einschübe mit Gedankenstrichen, nach denen es ohne Abstand weitergeht; diese Protokolle zeigen dieselbe Eigenart: gleiches Schriftbild, gleicher Zeilenabstand, gleiche Gliederung mit gleichen Aufzählungspunkten". Die Aufforderung der Richterin "Seien Sie ganz ehrlich, es schaut ja so aus, als hätten Sie das geschrieben" brachte den sonst so coolen Angeklagten aus der Fasson: "Diese Fragestellung muss ich zurückweisen, damit unterstellen Sie mir, das ich zuvor unehrlich war". Und, so klärte er den Staatsanwalt auf: "Sie müssen auch entlastende Dinge berücksichtigen, darum rege ich mich auf." Und zum Inhaltlichen: "Ich habe das definitiv nicht geschrieben."

Hart wurde es dann wieder für Johann Zwettler, der diesmal vom Staatsanwalt befragt wurde. Er hatte ja Tags zuvor ausgesagt, der Aufsichtsrat sei unvollständig informiert worden - Krakow fragte das anhand des Aufsichtsratsprotokolls vom 20. Juli 1995 ab. Damals hatte der Vorstand von der Wiederaufnahme der Karibik-Geschäfte informiert. Absatz für Absatz ging Krakow das Protokoll durch, in dem davon die Rede war, dass "wir über eine US-Investorengruppe Geschäfte mit Dr. Flöttl machen wollen." Zwettler dazu: "Ich habe diese Investorengruppe nicht gekannt." Warum man gesagt habe, dass die OeNB in den ersten Karibikgeschäften "kein Klumpenrisiko" gesehen habe? Zwettler: "Elsner hat das so gesagt." Ob man dem Aufsichtsrat berichtet habe, dass auf die beschlossenen Depotaufstellungen verzichtet wurde? "Nein." Warum er vom "internationalen Renommee" der Flöttl-Gesellschaften reden konnte? "Das hatte ich sicher von Vater Flöttl und Elsner. Flöttl junior wurde ja immer auf den goldenen Stuhl gehoben."

Tiefen Einblick ins Denken der Gewerkschaftsbanker gewährte der Angeklagte bei der Frage, ob man den Aufsichtsrat (unter Führung des heutigen AK-Chefs Herbert Tumpel, Anm.) informiert habe, dass auch mit Derivativen gehandelt werde. Zwettler: "Ich hätte dem damaligen Aufsichtsrat nicht erklären können, was Derivative sind." Da schaltete sich die Richterin ein: "Sie meinen, sie hätten es eh nicht verstanden?" Zwettler: "Nein.""Und die Staatskommissäre waren auch zu dumm?" ätzte daraufhin der Staatsanwalt, um zu hören: "Die saßen in der Regel da wie zwei Sphinxen."

Unterhaltungen, wie man sie noch öfter hören wird können. Elsners Anwalt hat umfängliche Beweisanträge eingebracht, die Richterin die Involvierten gebeten, sich ihre Terminkalender bis Ende Mai freizuhalten. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 06.02.2008)