Markus Grüner

Foto: Arge-Kultur
STANDARD: Ist die fußballfreie Zone ein Projekt von Fußballhassern?

Grüner: Nein, das ist ein Projekt von Menschen, die Fußball mögen. Aber auch wenn man Fußball mag, kann man sich Entwicklungen in der Vermarktung eines solchen Turniers entgegenstellen. Und es ist ein Projekt, um Menschen, die keine Fans sind, einen Ort zu geben, wo sie sich wohlfühlen.

STANDARD: An welche Zielgruppen denken Sie? An die sprichwörtlichen Fußballwitwen?

Grüner: Ich kenne genug Männer, die sich für Fußball überhaupt nicht interessieren. Die Bereitschaft von Frauen, sich für Fußball zu interessieren, ist gestiegen.

STANDARD: Bietet die Arge-Kultur nur "keinen Fußball", oder setzt man etwas dagegen?

Grüner:Wir haben in der Vergangenheit Spiele immer übertragen.

STANDARD: Mit großem Erfolg?

Grüner: Ja, es war immer sehr lustig. Bei den Übertragungen in der Vergangenheit konnten wir es machen, wie wir wollten: Von der Musik, von der Leinwandgröße, egal ob Pepsi oder Coca-Cola ausgeschenkt wurde. Bei der EURO gibt es jetzt stark normierte Vorschriften für das Public-Viewing. Entweder setzt man sich mit den Konzernen ins Boot, oder man grenzt sich bewusst davon ab.

STANDARD: Und da gab es keine Möglichkeit?

Grüner: Wir haben uns überlegt, wie wir den ORF umgehen können. Viele ORF-Sportreporter bewegen sich zwischen peinlich und dumm. Das mag zielgruppenkonform sein, aber für uns ist das einfach unerträglich. Wir haben daher daran gedacht, eigene Kommentatoren einzuladen und nur das Bild zu übernehmen. Laut ÖFB-Aussendung ist das aber verboten. Wir waren uns zudem nicht sicher, ob wir genügend Publikum finden. Leute, die Massenevents schauen, gehen ohnehin auf den Residenzplatz, um sich dumme Musik und teures Bier um die Ohren zu hauen. Die tatsächlich kritisch Fußballbegeisterten bleiben gerne daheim.

STANDARD: Die Arge-Kultur wird sich auch nicht kritisch mit dem Phänomen Fußball auseinandersetzen?

Grüner: Das Prinzipielle ist das Statement. Du kannst nur auf ein Bier oder einen Kaffee zu uns kommen, ohne dass du grölende Menschen oder unqualifizierte Sportreporter so laut im Lokal hörst, dass du dich nicht mehr unterhalten kannst. Es wird keine Literaturreihe oder Ähnliches zum Thema Fußball geben. Das Ganze wird übrigens schnell vorbei sein: Salzburg hat drei Spiele in einer Woche. In den kleinen Austragungsstädten wie Innsbruck und Salzburg wird die EURO ein kurzer Spuk.

STANDARD: Werden Sie sich persönlich Spiele ansehen?

Grüner: Ja natürlich. Ich hab' ein Frankreich-Leiberl von 1984. Der Fußball an sich kann ja nichts dafür. Diese Großmaschine "Fußball und Nationalmannschaften" läuft in eine problematische Richtung. Es gibt eine Minderheit von kritischen Fans, die versuchen, damit umzugehen oder sich abzugrenzen. Salzburg selbst ist ja ein wunderschönes Beispiel, wie kommerzieller und eigenständiger Fußball verschiedene Entwicklungen nehmen. (Thomas Neuhold, DER STANDARD Printausgabe, 5.2.2008)