Wien - Der langfristige Trend bei den Agrarpreisen zeigt deutlich nach oben. Die künftige Preisentwicklung wird aber aufgrund einer steigenden Zahl an Einflussfaktoren immer schwieriger vorhersehbar, die Preisschwankungen werden über Jahre hinweg größer sein. Die künftige Agrarpolitik sei also gefordert, mit diesen neuen Schwierigkeiten umzugehen, waren sich Experten bei der heurigen Wintertagung des Ökosozialen Forums, die heute, Montag, in Wien begonnen hat, einig.

Seit dem Jahr 2000 wurde mit Ausnahme eines Jahres immer mehr Getreide verbraucht als produziert. Die Lagerbestände haben weltweit ein historisches Tief erreicht. Zurückzuführen sei dies auf die steigende Nachfrage nach tierischen Produkten in den Entwicklungsländern, die zunehmende Weltbevölkerung sowie die verstärkte Erzeugung von Treibstoffen aus agrarischen Rohstoffen.

Dem stünde die zunehmende Globalisierung, der Klimawandel, die begrenzten landwirtschaftlich nutzbaren Flächen und die eingeschränkte Flächenproduktivität - nicht zuletzt aufgrund vieler Umwelt- und Qualitätsanforderungen - gegenüber.

Die wirtschaftliche Konsequenz daraus seien höhere Erzeugerpreise, erläuterte Harald von Witzke von der Humboldt Universität in Berlin. Als Basis dürfe aber nicht das Jahr 2007 genommen werden. Die Preisentwicklung sei langfristig zu sehen. Die Volatilität bleibe aber weiterhin hoch. Zu den Profiteuren werden seiner Meinung nach Ackerbauern zählen, Betriebe mit Viehhaltung könnten dagegen mit steigenden Futtermittelpreisen zu kämpfen haben.

Steigende Preise für Konsumenten

Steigende Preise für die Bauern bedeuten aber nicht nur mehr Einkommen für die Bauern, sondern auch steigende Preise für die Konsumenten. Die Auswirkungen in den Industrieländern seien aber sehr gering, zumal die Ausgaben für Nahrungsmittel nur bei etwa 12 bis 13 Prozent des verfügbaren Einkommens liegen, wurde betont.

Stärker betroffen davon seien die Menschen in den Entwicklungsländern, die einen Großteil ihres Einkommens für Essen aufwenden müssen. Daher würden die steigenden Preise das Problem der Mangelernährung noch verschärfen. Laut Witzke werde sich die Nahrungsmittellücke in den Entwicklungsländern von 2005 bis 2030 verfünffachen.

Priorität in der Landwirtschaft müsse immer die Nahrungs- und Futtermittelproduktion haben, erst dann sei die Energieproduktion zu sehen. "Es darf nie so weit kommen, dass Energie Nahrung frisst", betonte dazu Landwirtschaftsminister Josef Pröll (V). Daher wolle er in Österreich eine breite Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaft führen, die am Ende konkrete Branchenkonzepte und Aktionsprogramme für alle wichtigen Bereiche als Ziel habe. Dieser Prozess soll mit Experten aus den Interessensvertretungen, aus der Wissenschaft und auch mit Menschen außerhalb der Landwirtschaft und mit Marktpartnern geführt werden. Ergebnisse seien im Frühjahr 2009 zu erwarten.

Bauern warten seit Jahren auf höhere Preise

Bei der aktuellen Debatte um die Preissteigerungen sollten die Fakten im Vordergrund bleiben, betonte Landwirtschaftsminister Josef Pröll (ÖVP). "Die Bauern haben Jahrzehnte auf höhere Preise gewartet", sagte er im Rahmen der heurigen Wintertagung. Wichtig seien faire Preise. Die Bauern seien aber nicht Preistreiber.

Die durchschnittliche Preissteigerung im Jahr 2007 betrug 2,2 Prozent, wobei die Ausgabengruppe Wohnung, Wasser und Energie mit einer durchschnittlichen Steigerung um 4,6 Prozent die stärksten Preistreiber waren. So stiegen etwa in dieser Ausgabengruppe Strom um 9,3 Prozent, Gas um 8,3 Prozent und Material zur Wohnungsinstandhaltung um 6,6 Prozent. Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke verteuerten sich um 4,1 Prozent, so Pröll. Das sei noch immer mehr als der Durchschnitt, aber im langfristigen Trend liegen die Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln bei 38 Prozent während der Gesamtindex seit 1986 um 57 Prozent und der Bereich Wohnung, Wasser und Energie um 87 Prozent gestiegen sind.

Auch die Landwirtschaft leide unter der gestiegenen Inflationsrate. Die Kosten für die Betriebsmittel seien auf Grund der höheren Energiepreise massiv gestiegen. Höhere Rohstoffkosten seien immer weniger für steigende Lebensmittelpreise verantwortlich, vielmehr seien die Preissteigerungen auf die steigenden Lohn- und Energiekosten in der Weiterverarbeitung und beim Einzelhandel zurückzuführen. Es sollte daher nicht die Einkommensentwicklung der Bauern zurückgeschraubt werden, sondern bei den Energiekosten angesetzt werden, sagte Pröll. (APA)