Mahnt zu "Respekt vor dem Heiligen", auch wenn es das Heilige einer anderen Religion ist: evangelisch-lutherischer Bischof Bünker.

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Wien – Zu den Sorgen über den Neubau von Moscheen hat Michael Bünker einen sehr spezifischen Zugang: Seiner eigenen Glaubensgemeinschaft, der der evangelischen Christen Augsburger Bekenntnisses, war es in Österreich auch bis 1861 untersagt, Kirchen mit Türmen zu bauen und Glocken zu läuten. So kann er verstehen, dass es islamischen Gläubigen wichtig ist, Moscheen errichten zu können, die in klassischer Bauweise eben mit Minaretten ausgestattet sind. Man solle in der Aufregung darüber die Kirche – oder in diesem Fall eben die Moschee – im Dorf lassen, sagte der am vorigen Sonntag in sein Amt eingeführte Bischof Bünker in der ORF-Pressestunde.

Im Gespräch mit Standard-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid und ORF-Redakteur Robert Stoppacher sagte Bünker, dass Mission ein Auftrag an jede Kirche und Glaubensgemeinschaft ist – und dass die evangelischen Kirchen sich eben durch eine besondere Offenheit auszeichneten. Diese gelte etwa gegenüber einem unbefangenen Verhältnis zur Sexualität, die Bünker als eine "gute Gabe Gottes" bezeichnete – wobei seine lutherische Kirche zwar Homosexualität akzeptiere, Ehe und Familie aber "doch eine besondere Stellung" zumesse. Die Offenheit gebe es auch gegenüber dem Islam (Bünker ist ausdrücklich für einen Beitritt der Türkei zur EU), zur Migration (Bünker ist für eine Amnestie schon länger im Land befindlicher Migranten) und zur Politik: Nach evangelischem Verständnis ist politisches Engagement von kirchlichen Amtsträgern deren persönliche Angelegenheit. Was er aber nicht sehen möchte, sind religiöse Symbole auf Wahlplakaten; und das gelte für die Bibel ebenso wie für den Koran.

Da brauche es einen "Respekt vor dem Heiligen". Zwischen den Kirchen gebe es diesen, meinte Bünker unter Hinweis auf eine "Schönwetterzeit" in der Ökumene. Auf Nachfrage zeigte sich aber, dass das Wetter doch nicht gar so schön ist: Schon seit zehn Jahren – also noch unter Johannes Paul II. – habe es eine Verlangsamung in der Ökumene gegeben. Das könnte mit der Rolle des derzeitigen Papstes Benedikt XVI. (seinerzeit als Kardinal Joseph Ratzinger Chef der Glaubenskongregation) zusammenhängen: "Für die Evangelischen wird unter diesem Pontifikat kein Fortschritt zu erwarten sein." (cs/DER STANDARD, Printausgabe, 4.1.2008)