Samstag soll der Stiftungsrat des ORF die höheren Rundfunkgebühren ab Juni dieses Jahres endgültig absegnen – falls ÖVP die Abstimmung nicht zu Fall bringt. Ein Blick hinter die Kulissen der Zasterfahnder.
Wien – Neben den für den ORF um 1,30 Euro pro Haushalt höheren Gebühren (35 Millionen mehr) soll Samstag auch das ORF-Budget abgesegnet werden. Die SP erwartet einen Beschluss der Finanzvorschau unter der Bedingung, dass sie um ein Jahr bis 2011 erweitert wird. Die VP sieht sie zurückgestellt, weil sie "wenig realistisch" sei und Strategiekonzept wie Maßnahmenkatalog fehlten.
Die ÖVP bastelte bis zuletzt an einer Blockade des Gebührenbeschlusses, indem sie vor der Entscheidung aus dem Stiftungsrat auszieht. Wegen Auslandsurlauben einiger SPÖ-Stiftungsräte könnte es Samstag knapp werden, hofften die Bürgerlichen Freitagabend.
SP-Stiftungsrat Karl Krammer sieht in der Haltung der ÖVP einen definitiven Beweis, dass sie den ORF als Mittel zum Koalitionsstreit verwende. Falls es dieses Beweises noch bedurfte, betont er im Gespräch mit dem STANDARD.
470 Millionen Euro bringen dem ORF derzeit die Gebühren insgesamt, 300 die Werbung.
Auch mit der Gebührenerhöhung im Juni liegt Österreich damit im europäischen Mittelfeld, was jeder Haushalt dem ORF zahlt. Wenn man sich auf die Summen beschränkt, die an den Küniglberg gehen. Das sind nur 66 Prozent der an die GIS überwiesenen Summe.
34 Prozent schlagen Bund und sieben Bundesländer auf – die einen für Filmförderung, die anderen für Altstadtsanierung. Dieses Drittel eingerechnet, rangiert Österreich in der Spitzengruppe der Statistik des Europaverbands öffentlich-rechtlicher Zasterfahnder.
Der ORF und sein Gebühreninfoservice GIS sind noch in einer anderen Disziplin Spitzenreiter in Europa: Nur noch 2,5 Prozent der Österreicher sehen schwarz, jedenfalls in Dimensionen des TV-Konsums.
125 „Kundenberater“ beschäftigt die GIS derzeit in ganz Österreich – jene Außendienstmitarbeiter, die unangemeldet an der Türe wissen wollen, ob man ein Fernsehgerät oder ein Radio in der Wohnung hat.
Für eine Handvoll Euro
Nach Ansicht der GIS sind übrigens auch breitbandfähige PCs gebührenpflichtig. In der Praxis zielen sie darauf gemeinhin nicht ab – ein Radio, argumentiert man bei der GIS, habe ohnehin praktisch jeder im Haushalt. Das reicht der Gebührentochter der ORF vorerst.
Die Kundenberater der GIS arbeiten auf Prämienbasis: Wie viel sie pro aufgespürtem Schwarzseher erhalten, verrät der GIS-Sprecher nicht. Nach Standard-Recherchen entspricht die Prämie ungefähr einer Monatsgebühr – also rund 20 Euro.
In Deutschland ergaben parlamentarische Anfragen, dass Rundfunk Berlin-Brandenburg seinen Detektiven rund 32.000 Euro pro Jahr zahlt. In Österreich verzeichnet die GIS rund 140.000 Abmeldungen und Ausfälle pro Jahr und rund 200.000 Neuanmeldungen. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 2./3.2.2008)