Saalfelden/Wien - Seit Anfang August vergangenen Jahres steht Stefan Gimpl wieder auf seinem Brett, nach nur zwei Monaten Sommerpause. Seitdem trainiert der 28-Jährige mindestens dreimal pro Woche im Schnee. Wobei "Training" beim besten ÖSV-Freestyle-Snowboarder so eine Sache ist. Welcher Coach kann ihm schließlich vorzeigen, wie man etwa einen "Frontside 1080 tail grab" perfekt steht, also drei Umdrehungen mit Griff der hinteren Hand ans Ende des Snowboards?

"Ich gehe oft nur mit meinen Kumpels rauf auf die Berge, baue mir meine eigenen Schanzen", sagt der Saalfeldener, "und wenn bei uns die Hänge aper sind, geht's eben in Richtung südliche Hemisphäre." Ski-Ressorts in Argentinien, Chile, Peru oder auch Neuseeland, meint er damit. Insgesamt ist Gimpl, Big-Air-Weltcup-Gesamtsieger 2005/06, pro Saison rund ein halbes Jahr unterwegs. Im vergangenen Jänner gewann er die Big-Air-Konkurrenz in Graz, schaute auf ein, zwei Sprünge bei den European Open im schweizerischen Laax vorbei und gab sich mit Kumpels und Kameras tiefverschneite Berghänge in der Türkei.

Sollte das lädierte Sprunggelenk wieder einsatzfähig sein, geht es nächste Woche weiter: Mit Freeriden im französischen Chamonix, dann wird der beste Schnee in den Alpen gesucht. Eine dreiwöchige Expedition durch Grönland steht auch noch an.

"Ich lebe meinen Traum", sagt Gimpl, und die Phrase kauft man ihm auch ab. Einer der Arbeitgeber, der ihm dieses Leben ermöglicht, heißt F2. Der österreichische Snowboard-Hersteller, Marktführer im Alpin-Bereich, sponsert mit seiner Marke FTWO auch Freestyler. Branchen-Insider rechnen, dass Profis wie Gimpl an Sponsorgeldern bis zu 70.000 Euro pro Jahr kassieren. Der Star der Szene, der Amerikaner Shaun White (21), soll mehr als 100.000 Euro lukrieren.

Obwohl der Hype längst abgeklungen ist, hat sich das Snowboard trotz Carving-Technologie und Free-Skies einen fixen Platz am Markt ergattert. "Die Verkäufe in Österreich stagnieren, pro Jahr werden aber immer noch 40.000 Boards verkauft", sagt Reinhard Hofbauer, Geschäftsführer von F2. Im Gegensatz zu kolportierten 300.000 bis 350.000 verkauften Paar Skiern pro Jahr sei die Menge überschaubar, aber: "Snowboarden bleibt ein Lebensstil. Auch wenn das Rebellische aus diesem Sport verschwunden ist."

Seit der internationale Ski-Verband FIS den Sport unter seine Fittiche genommen hat, hat bei den Snowboardern Disziplin Einzug gehalten. Skandale wie bei Olympia 1998 in Nagano, als der kanadische Olympiasieger Ross Rebagliati positiv auf Marihuana getestet wurde, sollen der Vergangenheit angehören.

Coole Alternative

Der mitunter durchstrukturierten Fadesse von FIS-Bewerben tritt aber mit der weltweiten "Ticket To Ride"-Tour (Air & Style in Innsbruck, Wängl Tängl in Mayrhofen) ein Alternativ-Veranstalter entgegen, der den Coolness-Faktor mehr als Teil des Sports begreift. Ein Grund, wieso sich viele Boarder wie etwa der Vorarlberger Gigi Rüf (26) die FIS-Bewerbe gar nicht antun. Der Steirer Flo Mausser (25) gibt sich quasi zweigleisig, fährt sowohl TTR-Events als auch auf der FIS-Tour. "Ich lebe seit sieben Jahren vom Boarden. Der Kampf um Sponsoren wird aber immer schwieriger", sagt der gelernte Maschinenschlosser. Im Sommer holt Mausser die Abendmatura nach. Davor aber will er noch "springen, so viel und so lange es geht." (David Krutzler, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 1. Februar 2008)