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Foto: APA/EPA/Lucas Dolega
"Der Widerstand gegen eine Therapie ist bei Cannabismissbrauch sehr hoch", erzählt Christoph Mundt, ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine Psychiatrie an der Universitätsklinik in Heidelberg. Denn der Konsum von Marihuana und Haschisch hat eine lange Tradition und ist in vielen Kulturen Teil eines anerkannten Verhaltens, oft sogar Ausdruck von Wohlstand und Kultiviertheit. Genau diese Befürwortung der Droge hält der Suchtexperte aber für besonders problematisch.

Konsum mit langer Tradition

Der klassische Cannabisrausch selbst ist geprägt von vorwiegend positiven Gefühlen. Optische Wahrnehmungsveränderungen, visuelle Phänomene, die insbesondere Künstlern häufig als Inspirationsquelle dienen. Doch es ist nicht alles Gold was glänzt und Cannabis geht nicht ausschließlich mit Wohlgefühlen einher. "Kiffen kann einen Krankheitsprozess triggern, der auch ohne Fortsetzung von Cannabiskonsum weiterlaufen kann", berichtet der Heidelberger Experte von den möglichen Folgen.

Cannabisinduzierte Psychosen

Die Rede ist von der cannabisinduzierten Psychose, ein vieldiskutiertes Krankheitsbild, dessen Eigenständigkeit vielfach angezweifelt wird. Die cannabisinduzierte Psychose verläuft wie die klassische schizophrene Psychose und die Frage mit der sich Wissenschaftler seit Jahrzehnten auseinandersetzen: Ist Cannabiskonsum Grund genug um eine manifeste Psychose zu bekommen? Oder steckt vielmehr immer eine latente angeborene Schizophrenie dahinter?

Psychose - schwere psychische Störung

Psychosen sind generell schwere psychische Störungen, die mit einem völligen Verlust der Realität einhergehen können. Die Betroffenen erleben ihren Bewusstseinszustand in der Regel als beängstigend. Mundt spricht von einem gestörten Subjekterleben und meint damit beispielsweise das subjektive Empfinden eines Psychotikers, fremdbestimmt zu sein. Gedanken und Handlungen werden beispielsweise von Gott oder Teufel vorgegeben.

Anfälligkeit wird angenommen

Fakt ist, dass keiner so recht weiß, ob der Konsum der psychoaktiven Substanz nun in die Schizophrenie führen kann oder nicht. "Die Mehrzahl der Cannabisuser hat keine Psychose und bekommt auch keine", beruhigt Mundt vorerst, warnt jedoch davor, deshalb uneingeschränkt weiterzukiffen. Denn aktuell geht man davon aus, dass neben einer genetischen Prädisposition, auch eine bestehende Anfälligkeit für die Entwicklung psychischer Störungen bereits ausreicht, um bei häufigem Konsum der beliebten Hanfpflanze an Schizophrenie zu erkranken.

Suche nach Selbstheilung

Interessant ist, dass umgekehrt gesehen gerade Patienten mit bestehender Schizophrenie besonders zum Cannabismissbrauch tendieren. "Hier wird diskutiert ob die Patienten einen Selbstheilungseffekt suchen", berichtet Mundt von dem Versuch schizophrener Menschen mit dieser Droge ihre Symptome zu lindern. Theoretisch ist auch das denkbar, vor allem dann wenn eine körperliche Gewöhnung an Cannabis noch nicht stattgefunden hat.

Therapeutische Wege

"Entscheidend ist die Motivationsarbeit, um die Patienten aus der Bindung an Cannabis herauszuholen", betont der Heidelberger und setzt auf langfristige Entwicklungen, die bereits eine Reduktion der Dosierung als Therapiefortschritt anerkennen. Von Gewaltkuren, die ebenfalls dazu dienen Cannabissüchtige von ihrer Abhängigkeit zu befreien, hält Mundt wenig.

Medikamentöse Therapie

Nur in Bezug auf eine medikamentöse Behandlung ist die Frage der Therapie schnell beantwortet: Neuroleptika sind medikamentöser Standard. Umfangreiche psychotherapeutische Behandlungskonzepte bei Cannabisabhängigkeit stecken dafür europaweit noch in den Kinderschuhen. (phr, derStandard.at, 30.1.2008)