Willie Nelson: "Spirit"
Dieses Album aus 1996 ist mit Abstand das ergreifendste aus dem Spätwerk der sich immer noch geistiger Jugendlichkeit erfreuenden Squaw Willie Nelson. Spartanisch instrumentiert ist es ein wehmütiges Abschiedsalbum von einer Liebe, das unendlichen würdevoll und einnehmend auf einer Stufe mit den American Recordings von Johnny Cash steht. Der Hatrick "She Is Gone", "Your Memory Won’t Die In My Grave" und "I’m Not Trying To Forget You Anymore" gehört zum besten, was je an Trauerarbeit auf einem Tonträger veröffentlicht wurde. (Island Rec.)

Link:
www.willienelsson.com

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The Cowboy & The Lady: "Lee Hazlewood & Ann Margret"
Dieses Duettalbum von Lee und Ann besitzt nicht nur eines der besten Coverartworks die das Genre je gesehen hat, auch die Songs können sich hören lassen. Lee gibt den Schwerenöter, die ehemalige Elvis-Katze Ann mimt hier kein dummes Liebchen, sondern hält feste dagegen. Gemeinsam schlurft man zum "Greyhound Bus Depot", erkennt sich dort als "Victim Of The Night" und landet am Ende im Soul-Klassiker "At The Dark End Of The Street" – allerdings in Cowboystiefeln – und nur in Cowboystiefeln. (Smells Like Records)

Link:
www.smellslikerecords.com

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Nancy Sinatra: "Country, My Way"
Noch einmal Lee, hier als Produzent für Frankies blondes Töchterchen, dem Lee zu einer Weltkarriere verhalf. Auf "Country, My Way" lässt sich das Westcoastgirl in den Süden führen und erweist sich dort auch ohne Lee’s begleitenden Brummton als großes Mädchen, das den Buben den Kopf und das wenige darin restlos verdreht. Bei zwei Songs musste dann Lee doch ran ans Gerät: Für das fiebrige Hochzeitsroadmovie "Jackson", das nie wieder besser interpretiert wurde und "Oh Lonesome Me", das Lee in einem Tonfall singt, der wie "losts mi anglahnt" klingt. Große Kunst! (Reprise/Warner)

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Donnie Fritts: "Prone To Lean"
Ein (fast) unbekanntes Juwel ist dieses Debüt des Nashville-Songwriters, Sängers und Schauspielers (Sam Peckinpah!) Donnie Fritts. Einem Haberer des Gespanns Dan Penn/Spooner Oldham und Kris Kristofferson, der die Liner Notes verfasste, Billy Swan, Eddie Hinton, Tony Joe White und wie sie alle hießen. "Prone To Lean" ist ein funky und seelenvolles Country-Album, das einer schlüpfrigen Eleganz den Vorzug gegenüber der trockenen Staubigkeit gibt und mit "Three Hundred Pounds Of Hongry" adäquat eröffnet. Wer Country mit Soul hören will – go Donnie. Einziges Problem: CD und Vinyl sind sehr rar. (Atlantic/Warner)

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Fellow Travelers: "Just A Visitor"
Jeb Loy Nichols, der in den letzten Jahren auf diversen Soul-Country-Samplern Typen wie Donnie Fritts einer neuen Generation von Hörern nahebrachte, wurde eigentlich mit den Fellow Travelers bekannt. Einer Formation, mit der er zu Beginn der 90er Country mit Dub und seiner charakteristisch verschlafenen Nasenbärstimme kurzschloss und damit drei wunderbare Alben hervorbrachte. "Just A Visitor" ist das wahrscheinlich stimmigste, auch wenn es ein paar Längen hat. Aber allein um diese Kombination zu denken und auch auszuführen, gehört dem Mann in Nashville ein Stein aufgestellt. (OKra Records)

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Commander Cody & His Lost Planet Airmen: "We’ve Got A Live One Here"
Eines der besten Live-Alben aller Zeiten. Commander Cody war ein gewaltbereiter Hippie, der mit seinen Lost Planet Airmen in den frühen 70ern mit den Rednecks des US-Südens auf Konfrontationskurs ging. Sein Leben und das seiner Mitstreiter konnte er mit dem begnadetsten Trucker-Country aller Tage retten. Heillos blöde Kiffertexte ("Mama Hated Diesels", "Smoke! Smoke! Smoke!", "Lost In The Ozon"...) wurden mit einer bestechenden Verve gegeben, die darauf schließen ließ, dass hier nicht nur verlangsamende Drogen im Spiel waren. Und das Intro zu "Hot Rod Lincoln" ist sowieso unschlagbar. Vier Schallplattenseiten Drogen- und Autowracks vom Feinsten! (Warner)

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The Byrds: "Sweetheart Of The Rodeo"
Apropos Hippie-Cowboys: Gram Parsons, der mit diesem Album die Karriere der Byrds fast gegen den Baum gefahren hat, gilt nicht nur als Erfinder des Country-Rock, auf diesem längst als Klassiker geltenden Album verschmelzen die beiden Stile genialisch, die sonnige Westcoast-Aura überzieht die Musik mit süßem Schmelz bis an die Kitschgrenze – aber eben nie darüber hinaus. Ach, Gram! (Columbia Legacy/SonyBMG)

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Tex Edwards & Out On Parole: "(Pardon Me) I’ve Got Someone To Kill"
Ein Klassiker des Psychopathen-Country veröffentlichte in den frühen 90ern Tex Edwards, der auch mit den Loafin‘ Hyenas nicht wesentlich bekannter wurde. Die Songtitel sprechen Bände: "LSD Made A Wreck Out Of Me", "Psycho" oder "Strangler In The Night" machen nicht nur sehr (blut-)durstig, die satte Produktion und die trotz aller Verwirrtheit kompakte Band macht dieses Album zu einem Monolithen des absonderlichen Country, der Garth Brooks’ feiste Schenkel erzittern ließe. Im US-amerikanischen Amazonien gesichtet! Wurde offenbar im Vorjahr neu aufgelegt. Brav. (Sympathy For The Record Industry)

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Floyd Westerman: "Custer Died For Your Sins"
1969 spielte der vor allem als Schauspieler berühmt gewordene Sohn amerikanischer Ureinwohner Floyd Westerman ("Clearcut", "The Doors", "Dances With Wolves" ...) das Konzept-Country-Album "Custer Died For Your Sins" ein, auf dem er der weißen Plage den Finger zeigte. Etwa in "Missionaries", in dem es heißt "Take your white god to your white man, we’ve got a god of our own". Der smarte Songwriter, der stimmlich an den späten Johnny Cash erinnert und mit seinem Protest damals zeitgeistig gerade goldrichtig lag, ist im Vorjahr erst verstorben. (Indigo/Hoanzl)

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The Hellcats: "Hoodoo Train"
Obacht! Unter Hellcats laufen jede Menge schlechte Bands, die sich stilistisch meist zwischen Axel-Rose-Groupie und feistem Acht-Zylinder-Beidlrock einordnen lassen. Die einzig wahren Hellcats stammen aus Memphis und haben mit "Hoodoo Train" ein Meisterwerk hinterlassen. Lorette Velvette – auch als Tav Falcos Muse bekannt gewesen – und vier andere Cats spielen sich durch großartigen, melancholischen und meist semiakustischen Country-Folk, der als solcher bis heute konkurrenzlos ist und der eigentlich für eine Weltkarriere im Vorprogramm von Emmylou Harris hätte reichen sollen. Aber – leider. Auch traurig: Nicht einmal ein gescheites Bild vom Cover gibt es von diesem Meisterwerk im Netz!!! (New Rose)

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